Berlin - 30 Jahre Mauerfall

Renate M. • Nov. 27, 2019

Mauerfall vor 30 Jahren - Fahrt nach Berlin vom 8. bis 12.11.2019

1 Tag:

Früh um 6:00 Uhr beginnt die Fahrt. Über Wiesbaden und Frankfurt geht es direkt auf die diversen Autobahnen. Alberto stellt uns den Fahrer vor: den gebürtigen Ungarn Matiyos, wir dürfen ihn Matthias nennen. Ich kenne ihn und seine umsichtige Fahrweise bereits von der Moselfahrt. Er kutschiert uns während der gesamten Reise und ist ein überaus zuverlässiger und stets freundlicher Begleiter. 

Bei der ersten Pause kramt Alberto eine Überraschung aus: Sektgläser sowie eine Flasche feinsten Prosecco und lässt uns anstossen auf eine gute Fahrt und schöne Tage!

Nach zügiger Fahrt kommen wir eine Stunde früher als angenommen über die Avus in Berlin an. Die AVUS (Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße) war bei ihrer Eröffnung 1921 die erste ausschließliche Autostraße der Welt und diente als Test- und Rennstrecke.

Es sollte die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie gefördert werden. Auf der fast gradlinig durch den Grunewald führenden Rennstrecke wurden Rekorde erzielt, es geschahen leider auch viele tödliche Unfälle. Untrennbar mit der AVUS sind Namen wie Fritz von Opel, Rudolf Caracciola, Manfred von Brauchitsch, Bernd Rosemeyer, Juan Manuel Fangio und die Mercedes-Silberpfeile verbunden. 1940 wurde die AVUS an den Berliner Ring angeschlossen, sie ist heute Bestandteil der A 115. In den 50er Jahren wurde nach Streckenänderungen ein Neubeginn des Rennsports versucht, musste jedoch u.a. wegen erhöhter Anforderungen an Sicherheit nach und nach eingestellt werden und wurde nach dem letzten Rennen 1998 offiziell beendet. Der ehemalige Zielrichterturm am Ausgang der damaligen Nordkurve ist heute ein Motel, die ehemaligen Zuschauertribünen sind verhüllt und sehen einem ungewissen Schicksal entgegen.

Ein beliebtes Spielchen während der Fahrt über die Avus ist die Frage, wer als erster den Funkturm erblicken wird. Der Berliner Funkturm ist ein 147 m hoher Stahlfachwerk-Turm auf dem Messegelände und eines der Wahrzeichen Berlins. Er wurde 1926 zur 3. Großen Deutschen Funkausstellung Berlin in Betrieb genommen und steht heute unter Denkmalschutz. Der Architekt Heinrich Straumer ließ in 50 m Höhe ein Turmrestaurant und an der Turmspitze einen Aussichtsbereich bauen. Vom Funkturm wurden ab 1926 Sendungen des Hörfunks und ab 1929 versuchsweise Fernseh-Testsendungen ausgestrahlt, auch die weltweit erste Fernsehsendung kam 1932 vom Berliner Funkturm. Seit 1989 strahlt er nur noch Amateur- und Landfunk aus.

In seiner Form erinnert er an den Pariser Eiffelturm, ist jedoch wesentlich schlanker. Er wird liebevoll "Langer Lulatsch" genannt. 

Die Fahrt zum Hotel führt über den Kurfürstendamm, der einst ein Holzbohlenweg war und als Reitweg vom Stadtschloss zum Jagdschloss Grunewald diente, einige Seitenstraßen tragen die Namen oder die Spitznamen der Brandenburgischen Kurfürsten. Auch der Name der Frau des Großen Kurfürsten ist vertreten: Louise-Henriette-Platz am S-Bahnhof Halensee.

Im Hotel nehmen wir nur schnell die Zimmer in Beschlag und laufen – dank der zentralen Lage des Hotels – zu Fuß den Ku'damm entlang zur ev. (Kaiser-Wilhelm-) Gedächtnis-Kirche. 

Sie wurde im Auftrag von Kaiser Wilhelm II. zum Gedenken an seinen Großvater, Kaiser Wilhelm I. von 1891 bis 1895 im Stil der Neoromanik erbaut. Nach der Kriegszerstörung ließ man den beschädigten Turm als Mahnmal stehen – genannt "Hohler Zahn" - und beauftragte Egon Eiermann mit einem Neubau. 

Es entstand ein achteckiger Kirchenbau und ein sechseckiger Turm, genannt "Puderdose und Lippenstift". Beide Bauten bestechen durch die überwiegend in Blautönen gehaltenen unzähligen kleinen Fenster, die – außer der großen Christusstatue über dem Altar – den einzigen Schmuck darstellen und bei jeder Beleuchtung sowohl von innen als auch von außen sehr eindrucksvoll sind. Das Kirchenensemble wurde 1961 von Landesbischof Otto Dibelius eingeweiht.

Nebendran steht direkt vor dem Europa-Center seit 1983 der "Weltkugelbrunnen" von Prof. Schmettau – genannt "Wasserklops". Eine große Granitkugel, von Granitstufen umgeben und mit unzähligen Wassersprudeln und Figuren aus Metall bestückt – es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken. 

Im Europa-Center gibt es nicht nur viele Geschäfte und Restaurants, sondern auch die Wasseruhr mit dem Titel "Uhr der fließenden Zeit". Es ist eine 13 Meter hohe Wasseruhr, die sich über drei Etagen erstreckt. Die Uhr wurde von dem Franzosen Bernard Gitton entworfen und 1982 aufgestellt. Die Zeit wird bei dieser Uhr in einem Kreislauf durch flüssigkeitsgefüllte Glaskugeln angezeigt, deren kleinste im 144-Sekunden-Takt gefüllt werden. In der unteren Hälfte der Uhr schwingt zusätzlich ein Pendel.

Diese moderne Art einer Wasseruhr stellt den Ablauf von Minuten und Stunden im Zwölf-Stunden-Takt dar. In einem System gläserner, zu Türmen angeordneter Kugeln und kommunizierender Röhren fließt farbiges Wasser und ermöglicht mittelbar die Anzeige der jeweiligen Uhrzeit. Immer um 1 Uhr und um 13 Uhr leert sich das gesamte System und der Zyklus beginnt von neuem. (Quelle: Wikipedia) 

Und die Uhr geht sekundengenau, aber man kann darauf wetten, dass fast jeder Besucher prüfend auf seine Armbanduhr schaut! 

Alberto hat inzwischen eine Lautsprecher-Anlage für den Bus bei Saturn gekauft. Wir durchqueren das Europa-Center und laufen entlang der Tauentzienstraße zum KaDeWe, dem Kaufhaus Des Westens. Es ist das größte Kaufhaus auf dem Kontinent und das zweitgrößte in Europa, nach Harrods in London. 

Am Haupteingang treffen wir Alberto wieder, gelangen mit Scheuklappen durch Cartier, Gucci und all die anderen Edelverkäufer und die Oligarchen-Gattinnen hindurch zu den Rolltreppen, um gemeinsam in die 6. Etage, die Lebensmittel-Etage, zu fahren (ein absolutes Muss, leider durch Umbauarbeiten etwas beeinträchtigt). 

Zwischendurch begutachten wir die Weihnachts-Dekorationen in der 4. Etage, um dann den Staub der Landstraße hinunterzuspülen und sowohl die sagenhafte Fischabteilung als auch die Kuchen-Kunstwerke von Lenôtre zu bewundern. (Beim nächsten Besuch muss ich unbedingt nach Erzeugnissen aus Kalabrien Ausschau halten!) 

Auf der anderen Seite der Tauentzienstraße gibt es auch schöne Schaufenster und so gelangen wir zurück zum Ku'damm bis zur Meinekestraße ins Lokal "Krombacher" schräg gegenüber unserem Hotel, wo Alberto für uns das Abendessen vorgesehen hat. 

Wir können dort gute Berliner Küche genießen, schnörkellos, zu fairen Preisen (Alberto stellt im Rahmen der Halbpension ein Hauptgericht aus der Karte zur Wahl) und mit netter Bedienung – Berliner Schnauze mit sehr viel Herz. 

2. Tag:

Um 9:00 erscheint die aus Ost-Berlin stammende Gästeführerin "Uli mit Hut" und gestaltet den ersten Teil einer Stadtrundfahrt mit viel Wissen und Herzlichkeit: über den Ku'damm zum Bahnhof Zoologischer Garten, vorbei am Hotel Waldorff-Astoria, der einzigen Filiale des berühmten New Yorker Hotels in Deutschland, zur Budapester Straße, vorbei am Elefanten-Tor, einem Eingang des Berliner Zoos, dem artenreichsten Zoo der Welt, und dem Berliner Aquarium. Wir fahren durch einen Teil des Diplomaten-Viertels am Tiergarten mit den Botschaften von den skandinavischen Ländern, von Saudi-Arabien, Japan, Österreich, Italien (Alberto, guck hin!), Türkei, Ägypten sowie der Landesvertretung von Baden-Württemberg - genannt "Spätzlepalast". 

Weiterhin sehen wir den Kammermusiksaal, die Philharmonie von Scharoun mit seiner einzigartigen Akustik, vergleichbar mit der Elbphilharmonie. Das Orchester sitzt in der Mitte des Saales, und die Zuschauerränge sind rundherum ansteigend angeordnet. Das ergab sofort den Spitznamen "Zirkus Karajani" nach Herbert von Karajan, dem damaligen Chefdirigenten. Zusammen mit der Staatsbibliothek zu Berlin wurde das Gebäude bewusst dicht an der Grenze zum Sowjetsektor erbaut, damit nach einer erträumten Wiedervereinigung ein Kulturforum bereits in der Mitte Berlins stehen würde. Dazu gehören auch die Gemäldegalerie, das Kunstgewerbemuseum und das Kupferstichkabinett.

Ein kurzer Halt an der James-Simon-Galerie, dem flammneuen Besucherzentrum und zentralen Eingang zu den Museen auf der Museumsinsel, gebaut von David Chipperfield. Noch ein Blick zum Kupfergraben, wo Angela Merkel wohnt.

Danach gehen wir zum Berliner Dom zu einer kleinen Andacht mit kleinem Orgelkonzert, welches um diese Mittagszeit sogar eintrittsfrei ist. Der Pfarrer macht den Mauerfall natürlich zum Thema seiner kurzen Predigt und erinnert an die damaligen Ereignisse.

Auf dem Areal des ehemaligen Lustgartens vor dem Alten Museum findet gerade eine der täglichen Demonstrationen statt, die jedoch außer die ca. 50 Teilnehmer niemanden zu interessieren scheint. 

Wir machen einen kurzen Rundgang durch das Zeughaus, in dem heute das Historische Museum untergebracht ist. Dieser Bau, um 1700 von Nehring entworfen und von Schlüter im Barockstil erbaut, gilt als das schönste Gebäude der Prachtmeile Unter den Linden.

Nach der Wiedervereinigung erhielt der chin.-amerik. Stararchitekt L.M. Pei den Auftrag für einen Erweiterungsbau. Er ließ die 40 mal 40 m große Halle mit einer freitragenden, flachen Glaskuppel überdachen und schuf einen unterirdischen Zugang zu seinem separaten Neubau, mit dem er 2003 ein architektonisches Glanzlicht setzte, genau wie damals mit der Pyramide für den Louvre. Dieser große Saal des ehemaligen Zeughauses wird auch für repräsentative Veranstaltungen genutzt. Die überlebensgroße Figur der Siegesgöttin Nike/Viktoria wurde zum begehrten Fotomotiv. 

Nebenan wartet die Neue Wache auf unseren Besuch. Früher brannte dort eine Ewige Flamme zum Andenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Seit 20 Jahren ist dort eine vergrößerte Kopie der von Käthe Kollwitz geschaffenen Pietà "Mutter trauert um ihren Sohn".

Weiter geht die Stadtrundfahrt über den Alexanderplatz und die Frankfurter Allee, der früheren Stalinallee mit ihrer geschlossenen "Zuckerbäcker"-Architektur. Diese breite Prachtstraße erstreckt sich über zwei Kilometer, sie wurde von 1951 bis 1962 gebaut und steht heute mit ihren Keramikfassaden unter Denkmalschutz.

Hier erfuhren die Bauarbeiter am 16. Juni 1953, dass ihre Kollegen einer anderen Großbaustelle eine Resolution gegen die drastische Erhöhung der Arbeitsnormen verfasst hatten. Die Arbeiter begannen einen spontanen Streik, dem sich Arbeiter in weiteren 100 Städten anschlossen. Man forderte auch eine bessere Versorgung mit Lebensmitteln und Konsumgütern sowie Freiheit. Die DDR-Führung war hilfslos und ließ die Revolution ab dem 17. Juni in Berlin von russischen Panzern niederschlagen, es waren mehrere Tote und Verletzte zu beklagen. Der 17. Juni war bis 1990 als "Tag der Deutschen Einheit" Gedenktag und bundesweiter Feiertag, er wurde vom 3. Oktober abgelöst.

Wir gelangen zur East Side Gallery, einem 1,3 km langen Teilstück der Berliner Mauer. Die über 100 Segmente waren auf Westberliner Seite mit Grafitti bemalt und sind kürzlich restauriert worden. Größter Anziehungspunkt ist ein Gemälde, welches den sowjetischen Staatschef Leonid Breschnew und den Staatsratsvorsitzenden der DDR Erich Honecker beim sogenannten "Bruderkuss" zeigt. Allgemeines "brrrr"... 

Zu sehen ist auch die Oberbaumbrücke – mit ihren roten Backsteintürmen eine der schönsten Brücken von Berlin und vielverwendetes Motiv für Film und Fernsehen. Sie entstand anstelle einer hölzernen Zugbrücke über die Spree, deren Durchfahrt nachts mittels eines mit Nägeln bewehrten Baumstammes, dem "Baum", versperrt wurde. Ein zweiter "Baum" befand sich als Zollstation etwas weiter westlich und war der "Unterbaum". Im 18. Jh. wurde auf königliche Order der "Oberbaum" durch eine massive Steinbrücke ersetzt und nach und nach in das jetzige Aussehen gebracht. Nach Beseitigung der Kriegsschäden und der Sperranlagen der DDR dient sie wieder als Verbindung zwischen den Bezirken Friedrichshain (Ost) und Kreuzberg (West).

Gegenüber der East Side Gallery befindet sich mit der 2008 eröffneten "Mercedes-Benz-Arena" eine der erfolgreichsten Multifunktions-Hallen der Welt. Sie ist Spielstätte des Eishockeyclubs Eisbären Berlin und des Basketballvereins Alba Berlin und Veranstaltungsstätte für jährlich mehr als 130 Sport- und Konzertereignisse.

Im Vorfeld befinden sich zahlreiche Restaurants, unter anderen auch eine Filiale von "Alex", den wir vom Gutenbergplatz kennen. Dort genehmigen wir uns einen kleinen Mittagsimbiss, bevor es über die Straße "Unter den Linden" Richtung Brandenburger Tor zur Festveranstaltung anlässlich des 30. Jahrestages des Mauerfalls geht. 

Da wir frühzeitig da sind, kann uns Matiyos bis zu der Kontrollstelle fahren. Das Wetter hat sich noch nicht beruhigt, so dass zwei von uns sich dem Nieselregen von oben und dem Matsch von unten nicht aussetzen und lieber ins Hotel zurück wollen. Der Rest von uns – furchtlos und wetterfest, der Nieselregen hört dann auf - zwängt sich durch die leider erforderliche Rucksack- und Taschenkontrolle und strebt der Straße des 17. Juni zu. 

Dort ist eine hübsche Installation angebracht, die an Christo erinnert: Unter dem Motto «Deine Vision im Himmel über Berlin» waren alle Berlinerinnen und Berliner sowie Freunde der Stadt dazu eingeladen, ihre Botschaften, Wünsche und Hoffnungen in 140 Zeichen mitzuteilen. 

Diese Botschaften wurden auf verschiedenfarbige Bänder gepresst und es entstand ein sogenanntes Skynet, welches sich wie eine riesige Fahne scheinbar schwerelos vom Platz vor dem Brandenburger Tor aus über hundert Meter weit über die Straße des 17. Juni in den Himmel spannte. 

Die Kunstinstallation wurde von Patrick Shearn, Poetic Kinetics, initiiert und nannte sich "Visions in Motion" – Visionen in Bewegung. 

Am Rande können wir uns an diversen Ständen verköstigen und sodann die Bronzefigur "Der Rufer" von Gerhard Marcks betrachten. Sie steht auf dem Mittelstreifen der Straße des 17. Juni, wurde dort zum 100. Geburtstag des Bildhauers im Februar 1989 mit dem Blick auf das Brandenburger Tor aufgestellt und trägt die Inschrift "Ich gehe durch die Welt und rufe: Friede, Friede, Friede". Gerade so, als sollten die Rufe die Mauer vor dem Brandenburger Tor zum Einsturz bringen – wenige Monate später geschah es ja dann - Gänsehaut-Feeling pur, heute noch. 

Vor der Bühne hat sich bereits eine beachtliche Menschenmenge angesammelt. Aber mit List und Tücke durch jede Lücke schlängeln wir uns peu à peu ganz nach vorn bis an die Absperrung - "bis zu der Musik" - vor uns nur die Fotografen und Kameramänner.

Rechts ist eine Bühne für Interviews, in der Mitte eine Projektionswand mit einer großen Weltkugel und links eine weitere Bühne für die Reden vom Regierenden Bürgermeister von Berlin, Müller, und dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier sowie einem Konzert der Staatskapelle unter der Leitung von Daniel Barenboim mit Beethovens Schicksalssymphonie. 

Anna Loos moderiert die Interviews und die weiteren Auftritte von aus der ehemaligen DDR stammenden Künstlern, während auf weiteren Projektionsflächen Bilder aus der Vergangenheit Erinnerungen und Ereignisse rund um die Mauer aufleben lassen. Auf einer Tribüne hinter uns ist die Politik-Prominenz versammelt und winkt huldvoll. 

Allerdings müssen wir auf das Feuerwerk verzichten, denn das Abendessen ruft und die Beine sind gefühlt-gefühllos. Also schlagen wir uns seitwärts durch die Menschenmassen und streben dem S-Bahnhof Friedrichsstraße zu, um mit diesem praktischen Verkehrsmittel vier Stationen bis zum Bahnhof Zoologischer Garten zu fahren. (In diesem Bahnhofsgebäude durchlebte Christiane F. ihre Drogenzeit und schrieb später darüber das Buch "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo". ) 

Von dort sind wir in wenigen Minuten bei unserem Restaurant nahe dem Hotel, wo die anderen uns bereits erwarten.

3. Tag:

Der Weg zum Reichstagsgebäude führt uns am bereits bekannten Kaufhaus Des Westens vorbei, ebenso an dem Haus der Urania. Die Berliner Gesellschaft Urania wurde 1888 gegründet mit dem Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse auch einem Laienpublikum

zugänglich zu machen. Mit ihrem weit gefächerten Programm ist die Urania heute eine über Berlin und Deutschland hinaus bekannte gemeinnützige Bildungseinrichtung.

An mehreren guten Touristenhotels vorbei überqueren wir den Landwehrkanal, sehen links die CDU-Zentrale – wegen ihrer Form genannt "Merkels Bügeleisen" – und geradeaus die in der Morgensonne golden glänzende Siegesgöttin der Siegessäule – kürzlich frisch mit Blattgold belegt und liebevoll genannt die "Goldelse". Die Säule ist bestückt mit Kanonenrohren, die in den siegreichen Kriegen Preußens gegen Dänemark, Österreich und zuletzt Frankreich 1870/71 erbeutet wurden. Durch zwei Unterführungen gelangt man auf die Mitte des Platzes und kann die 285 Stufen zu ihr hinaufsteigen, um die tolle Aussicht über den gesamten Großen Tiergarten zu genießen - ein Überqueren des sechsspurigen Kreisverkehrs "Großer Stern" zu Fuß wäre viel zu gefährlich. 

Danach passieren wir das Schloss Bellevue, die Sommerresidenz des preußischen Prinzen Ferdinand, dem jüngsten Bruder des Alten Fritz. Im Krieg stark zerstört, diente es nach dem Wiederaufbau zunächst als Berliner Amtssitz des Bundespräsidenten, seit der Wiedervereinigung als Hauptsitz. Roman Herzog war der einzige Bundespräsident, der auch im Schloss wohnte, ansonsten dient eine Villa in Dahlem als Wohnsitz.

Hape Kerkeling hat 1991 eine viel belachte Show abgezogen und das Wachpersonal gefoppt, als er in einer Staatslimousine mit königlicher Standarte vorfuhr und als Königin Beatrix verkleidet Einlass für ein "lekker Mittachessen" begehrte, und zwar kurz bevor die echte Beatrix tatsächlich eintraf. Netter Scherz. 

Weiter geht die Fahrt entlang des Spreebogens vorbei an der "Abgeordneten-Schlange", einer Wohnanlage gedacht für Abgeordnete. Viele wollten jedoch lieber in den alten Stadtteilen wohnen, so dass sich Berliner Bürger um die Wohnungen bewerben konnten.

Es folgt die alte Kongresshalle, erbaut als ein Geschenk von Amerika anlässlich der Internationalen Bauausstellung 1957, die eine Antwort des Westens auf den pompösen Bau der Stalinallee in Ostberlin war. Die Form mit dem geschwungenen Dach gab ihr den Spitznamen "Schwangere Auster", der überkragende Dachrand "Hutkrempe". 

Das bundesdeutsche Parlament tagte mehrere Male in Westberlin, darunter zweimal in der Kongresshalle. Jedesmal protestierten die Regierungen der DDR und der UdSSR, weil sie Westberlin nicht als Teil der BRD anerkannten. Die DDR reagierte mit Abfertigungszeiten an den Transitstrecken von bis zu 20 !!Stunden, die Sowjetunion ließ ihre Düsenflugzeuge im Tiefflug und mit Überschallgeschwindigkeit auch über dem Westberliner Stadtgebiet die Schallmauer durchbrechen. (Schon mal so etwas erlebt? DAS ist Fluglärm!!!) 

Die Alliierten untersagten der Bundesregierung daraufhin, weitere Plenarsitzungen in Westberlin abzuhalten. Man fand jedoch ein Hintertürchen im Viermächteabkommen und hielt eben nur Ausschuss-Sitzungen und Beratungen ab, um den Vertretungsanspruch über Westberlin zu verdeutlichen. 

Der Schwemmsand unter einem Grundpfeiler und die inkonsequente Ausführung der freihängenden Dachkonstruktion waren u.a. die Ursachen für eine Schieflage, so dass ein Teil der Hutkrempe abbrach und die Halle einstürzen ließ. Nach Wiederauf- und Umbauarbeiten dient sie heute als Veranstaltungsstätte im "Haus der Kulturen der Welt", außerdem war inzwischen am Messegelände eine neue Kongresshalle gebaut worden.

Gleich nebenan steht ein schwarzes Turmgebilde – das von Mercedes-Benz zur 750 Jahr-Feier Berlins gestiftete Carillon, ein bespielbares Glockenspiel, das an die zerstörten Carillons der Parochialkirche und der Potsdamer Garnisonskirche erinnern soll. Seit 1987 finden regelmäßig Konzerte statt. Der Berliner nennt es treffend "Notre Daimler".

Einen Steinwurf entfernt steht das Bundeskanzleramt, nach Wünschen vom damaligen Kanzler Kohl entworfen, aber nicht mehr von ihm bezogen, aufgrund der quadratischen Form des Gebäudes mit einem großen Rundfenster genannt "Waschmaschine". 

Genau gegenüber in Sichtweite steht das Reichstagsgebäude, vom Frankfurter Architekten Wallot errichtet und 1894 fertiggestellt, von Kaiser Wilhelm II. in seiner Thronrede mit den Worten bedacht: "Möge Gottes Segen auf dem Hause ruhen, möge die Größe und Wohlfahrt des Reiches das Ziel sein, das alle zur Arbeit in seinen Räumen Berufenen in selbstverleugnender Treue anstreben!“ 

Nun ja, geliebt hat der Kaiser weder das Parlament noch den Bau samt seinem Architekten – vor allem, weil die Kuppel des Reichstagsgebäudes höher war als die Kuppel seines Stadtschlosses - unerhört! 

Der Kaiser ging, die Weimarer Republik und das Dritte Reich kamen, es folgten Zerstörungen durch den Reichstagsbrand und den 2. Weltkrieg, provisorischer Wiederaufbau und nach dem Hauptstadtbeschluss grundlegender Umbau durch Sir Norman Forster zur heutigen Gestalt. Auch er hatte Probleme mit der Kuppel: er wollte überhaupt keine Kuppel, musste seine heftige Gegenwehr jedoch aufgeben und hat dann dieses großartige Gebilde mit seinen umlaufenden Gehwegen und lichtspendenden Spiegeln zu einem weltweit bekannten touristischen Anziehungspunkt geschaffen! 

Eine andere weltweit beachtete Kunstinstallation war 1995 der "Verhüllte Reichstag" von Christo und Jeanne-Claude. 

Die Führung durch das Reichstagsgebäude ist sehr umfassend und äußerst interessant.

Wir sehen die Fraktionsräume der Parteien, den von Uecker gestalteten Andachtsraum, der jeder Glaubensrichtung zugänglich ist, die sorgsam konservierten Graffiti der russischen Soldaten an den Gangwänden und die Zuschauerränge des Plenarsaales mit Erläuterung, wer, wann und wo seinen Platz hat, sowie über die Arbeit der Stenografen.

Besonders beeindruckt sind wir von einem Kunstwerk aus verrostetem Metall, das aussieht, als seinen 5.000 Karteikästen über- und nebeneinander gestapelt. Es ist das "Archiv der deutschen Abgeordneten" von Christian Boltanski. Sie lassen sich zwar nicht öffnen, tragen aber an der Stirnseite ein Etikett, auf dem der Name und die Parteizugehörigkeit eines jeden Abgeordneten seit 1919 bis 1999 steht. In der Mitte weist eine schwarze Box auf die Jahre 1933 bis 1945 hin.

Natürlich darf der Aufstieg zur Kuppel nicht fehlen! Die Sonne lacht und lässt uns die Aussicht über Berlin genießen. Ein Besuch in den Abendstunden mit dem Blick über die Lichter der Stadt ist ebenfalls zu empfehlen. 

Aber die Fahrt geht weiter, und zwar zur Kulturbrauerei an der Schönhauser Allee, Prenzlauer Berg. Für die damals dort ansässige große Schultheiss-Brauerei war es ein Ensemble von Backsteinbauten für die jeweilige Funktion als Böttcherei, Sudhaus, Pferdeställe, Maschinenraum usw., nun wunderbar restauriert und mit neuem Leben erfüllt. Ein Kino mit neun Sälen, Ateliers und Probenräume, Theater, Lokale und ein Museum mit einer Ausstellung "Alltag in der DDR", das uns besonders interessiert. 

An jedem Sonntag findet ein Streetfood-Festival statt – ein internationales Imbiss-Vergnügen. Es ist somit ein Veranstaltungsgelände für die ganze Familie – man hat den Eindruck, ganz "Prenzelberg" ist dort, mit Kind und Kegel, mit Mischlings-Familienhunden und edlen Rassehunden, und alle "amüsieren sich wie Bolle".

Es folgt ein weiterer Höhepunkt: eine Dampferfahrt auf der Spree! 

Kurz vor der Weidendammer Brücke wird das Schiffsche-Böötsche der Stern- und Kreisschifffahrt geentert und es heißt: Leinen los! Es tuckert vorbei am Bode-Museum und dem Monbijou-Park, entlang der Museumsinsel und dem Humboldt-Forum (die Fassade zur Spree ist äußerst nüchtern gestaltet, garnicht schlossmäßig), dem DDR-Museum und dem Nikolai-Viertel bis zur Mühlendammbrücke (dort war vor sehr, sehr langer Zeit ein Stauwehr, auf dessen Damm Mühlen betrieben wurden). 

Das Schiff legt eine gekonnte Wende hin, bei der wir Landratten sowohl um die Kaimauer als auch den Bug des Schiffes fürchten, natürlich völlig unbegründet! 

Danach fährt es das bisherige Stück zurück und dann weiter durch das Regierungsviertel, unter der S-Bahn-Brücke hindurch entlang des Schiffbauerdamms, am Bundespresseamt, am ARD-Hauptstadtstudio und dem ehemaligen Reichstagspräsidenten-Palais vorbei. 

Dort, zur Spree hin, verlief die Mauer. Jetzt sind dort die "Weißen Kreuze" aufgestellt, die an die Toten erinnern, die teilweise in der Spree bei Fluchtversuchen ertrunken oder erschossen wurden. Da hier sowohl das Wasser als auch das Ufer zum DDR-Gebiet gehörten, durfte ihnen von westlicher Seite aus nicht geholfen werden! 

Weiter geht es vorbei am Paul-Löbe-Haus, dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, dem Haus der Bundespressekonferenz, dem Hauptbahnhof, dem Bundeskanzleramt und dem Haus der Kulturen der Welt. Hier wendet das Schiff erneut souverän und steuert die Haltestelle "Tränenpalast" an, Ort des Wiedersehens und Abschiednehmens bei Tagesbesuchen der Westberliner in Ostberlin. 

Man hat einige Kontrollkabinen original stehenlassen, so dass sich die Beklemmung der schikanösen Kontrollen hautnah nachempfinden lässt. Bitte nie wieder Diktatur!

Die Ereignisse des 9. November 1989 sind jedem noch präsent, als Schabowski bei der Pressekonferenz einen Zettel aus seiner Tasche holte und vorlas. 

Ich habe beim Rundgang durch das Museum eine Kopie der Transkription des "Schabowsi-Zettels" mit dem handgeschriebenen Original auf der Rückseite bekommen. 

4. Tag:

Wir steuern das Botschaftsviertel am Großen Tiergarten an. Am Lützowplatz, benannt nach dem preußischen Generalmajor Freiherrn von Lützow (mit seinem Freikorps an den Befreiungskriegen 1813 gegen Napoleon beteiligt), besaß Carl Bolle die Urzelle seiner Meierei C. Bolle. Ende des 19. Jh wohnten dort viele Prominente und Künstler, Walter Gropius war einer der ersten Bauherrn. Adolf Hitler erhielt am 25.2.1932 in der Gesandtschaft des damaligen Freistaates Braunschweig am Lützowplatz 11 die deutsche Staatsangehörigkeit!

Auf einen sehr positiven Anlieger des Lützowplatzes macht uns Karin/Optika aufmerksam: seit 1966 als Mieter und seit 1987 als Eigentümer residiert und wirkt dort die Stiftung Warentest zu unser aller Wohl. 

Vorbei an der Konrad-Adenauer-Stiftung biegen wir von der Tiergartenstraße in die Hiroshimastraße ein. 

An der Landesvertretung für Nordrhein-Westfalen (wegen der Holzstreben-Fassade "Ikea" genannt) und der Friedrich-Ebert-Stiftung vorbei halten wir vor der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate und begeben uns zur Ausweiskontrolle. Weil nicht mit angemeldet, darf unser Fahrer Matiyos nicht mit hinein – ein wichtig aussehender Araber bekommt kein okay am Telefon.

Das Gebäude sieht aus wie ein Palast aus 1001 Nacht. Von einer sehr gut deutsch sprechenden Botschaftsangestellten werden wir in das Gebäude geführt und bekommen einen ersten Eindruck von Schöner Wohnen: weichfallende Stoffe, viel Gold und Ornamente, ehemals lebende und nun konservierte Palmen neben hohen Säulen. 

Danach folgt ein Raum, in dessen Mitte ein Teppich gigantischen Ausmaßes liegt. Auf Nachfrage erfahren wir, dass er in Bahnen von 8 m Breite geknüpft und dann zusammengesetzt wurde. 

An der Decke hängt eine Deckenleuchte – ich schätze mal vier Meter im Durchmesser – mit abgestuft hängenden Swarowski-Kristallen – was sonst - , umfasst von einem goldfarbigen Metallband (echtes Gold?) in Sternform – wow! Dieser achteckige arabische Stern taucht an vielen Stellen als Dekor-Element auf. 

Unter einer Balustrade dürfen wir uns auf weichgepolsterte Sitzgruppen in orientalischen Farben setzen. Auf der Balustrade werden einheimische Kleidung und Haushaltsgegenstände in zeltähnlichen Behausungen gezeigt und erklärt, an den Wänden hängen Fotos von Landschaft und Tieren, rassigen Pferden und duldsamen Dromedaren. Und ein Foto von der Eröffnung der Botschaft durch den Sohn des Scheichs, der die sieben Emirate Anfang der 70er Jahre zusammengeführt und vereinigt hatte, in Anwesenheit des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder! 

Es wird uns Kaffee angekündigt, mit Zimt und anderen Gewürzen angereichert.

Unsere Freude wird arg getrübt, denn für unsere Geschmacksnerven kommt keine Freude auf, wir können sie nur mit den dargebotenen Datteln beruhigen. 

Für jeden von uns ist eine Tüte mit einem Kilo Datteln bereitgestellt, eine Tüte für Matiyos dürfen wir mitnehmen. 

Natürlich sind wir höflich und trinken aus. Unter großem Gelächter habe ich Tage später auf der Heimfahrt im Bus die Strophe eines Couplets von Otto Reuter zitiert mit dem Refrain: "… und du merkst, dass der Kaffee wie schauderbar, eine bohnen-lose Gemeinheit war; dann schließ die Augen und sauf den Brei, Mensch – in fuffzich Jahren is alles vorbei!"

Es ist halt alles eine Frage der Gewohnheit und wahrscheinlich schmeckt unser Kaffee anderen auch nicht. 

Auf dem Rückweg von der Botschaft fahren wir am Bendlerblock vorbei, dem heutigen zweiten Dienstsitz des Bundesministeriums für Verteidigung. In der Nazizeit befand sich dort das Oberkommando der Heeresleitung und das Zentrum der Widerstandsgruppe 20. Juli 1944 unter Generaloberst Beck und Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Nach dem mißglückten Attentat wurden die Offiziere noch am selben Abend im Hof des Bendlerblocks erschossen.

An der gegenüberliegenden Ecke fällt die eigenwillige Fassade des Shell-Hauses auf. 1932 von Fahrenkamp in "Neuer Sachlichkeit" für die Shell-AG erbaut, steht es heute unter Denkmalschutz und beherbergt einen zweiten Teil des Bundesministeriums für Verteidigung.

Über das Lützowufer/Schöneberger Ufer am Landwehrkanal entlang gelangen wir zur Potsdamer Brücke (die auf ihr befindliche Potsdamer Straße führt nach Potsdam und ist Teil der alten Reichsstraße 1 von Aachen nach Königsberg ). Wir passieren links die Neue Nationalgalerie von Mies van der Rohe, eröffnet 1968. Der Bau stellte ein Novum dar: das gesamte Dach wurde als ein Gesamtelement von der Montagehöhe auf der Sockelplattform mit 24 synchron gesteuerten hydraulischen Hebern in neun mit Spannung erfüllten Stunden zentimeterweise über die acht Stahlstützen gehoben und dort auf den vier Seiten auf je zwei Stützen abgesetzt. Der sich darunter ergebende Raum bildet die große, stützungsfreie (!!) Haupthalle, umgeben von deckenhohen Glasfassaden. 

Die Potsdamer Straße führt uns wieder durch das Kulturforum zum "neuen" Potsdamer Platz. Der "alte" galt bis Kriegsende als einer der verkehrsreichsten Plätze Europas und erhielt bereits 1924 eine der ersten Ampelanlagen auf dem Kontinent. 

Der Krieg zerstörte oder beschädigte die meisten Gebäude. Als ab 1961 die Mauer direkt über dem Platz verlief, wurden auf östlicher Seite alle Ruinen für die Errichtung des Todesstreifens abgerissen, auf westlicher Seite verloren die Grundstücke an Wert. Auf der Brache liefen bestenfalls Karnickel umher. Aber bereits am 12. November 1989 wurden dort einige Mauersegmente niedergelegt und mit Asphalt ein provisorischer Grenzübergang geschaffen. 

Durch die Neubebauung mit Hochhäusern, einem Filmpalast am Marlene-Dietrich-Platz, besonders für die Internationalen Filmfestspiele genutzt, und dem Sony-Center wurde der Potsdamer Platz zu einem Touristenmagnet – die Berliner konnten sich nur sehr zögerlich damit anfreunden.

Nicht nur die Bebauung des Alexander-Platzes polarisiert die Berliner und Besucher, sondern auch das Stelenfeld des Holocaust-Denkmals. Antwort auf drängende Fragen gibt die Informations-Ebene unterhalb des Stelenfeldes. Der Besuch wird auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. 

Uns lockt der Pariser Platz. 

Zwischen der Akademie der Künste und der Amerikanischen Botschaft in Nachbarschaft zum Hotel Adlon steht die Berliner Niederlassung der DZ BANK = Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank. Äußerlich ein schlichter Bau, angepasst an die Formensprache des Platzes, versetzt das Innere in vielfaches Staunen, denn es ist ein Bau von Frank O. Gehry! 

Jetzt erschließt sich auch, warum man von der Kuppel des Reichstags aus auf diesem Dach einen silbrig-glänzenden Fischkörper zu erkennen meint. Und richtig, Gehry hat in der Halle aus edlen Hölzern ein Gebilde installiert, das die Konturen eines geöffneten Walmaules hat, zusammen mit den anderen Dachelementen ergibt es das Bild eines sich aus dem Wasser erhebenden Wales. Warum auch immer – vielleicht "seid verschlungen, Millionen"? Ein Schelm, der Böses dabei denkt ....

Die Teilnehmer von Konferenzen und Veranstaltungen sind jedenfalls voll des Lobes über die durch das Glasdach lichtdurchfluteten Räume und deren interessante Aufteilung. Das Haus wird genannt "Wal am Brandenburger Tor". Die Rückseite des Gebäudes hat Gehry wieder in der für ihn typischen Wellenform gestaltet.

Unter den Linden fahren wir an den historischen Bauten der preußischen Geschichte vorbei: der Humboldt-Universität mit dem Reiterstandbild des Alten Fritz, gegenüber die ehemals Königliche Bibliothek – genannt "Kommode" – und die Staatsoper unter den Linden. Auf dem entstandenen Platz dazwischen fand die Bücherverbrennung durch die Nazis statt.

Rückwärtig ist die St. Hedwigs-Kathedrale zu sehen, dazu aus Wikipedia: "Die Hedwigskirche, seit 1930 Kathedrale des Erzbistums Berlin, wurde unter Friedrich dem Großen besonders für die neuen katholischen Einwohner Berlins aus Schlesien gebaut. Die am heutigen Bebelplatz befindliche Kirche entstand, durch Spenden aus ganz Europa finanziert, zwischen 1747 und 1773 nach Plänen von Georg Wenzeslaus Knobelsdorff und Jean Laurent Legeay." Die kreisrunde Form des Gebäudes macht sie besonders interessant.

In der Straßenfront schließt sich gegenüber dem Deutschen Historischen Museum und der Neuen Wache das Kronprinzenpalais an. Nach der Schlossbrücke sehen wir mit dem Humboldt-Forum eigentlich das Stadtschloss mit seiner neuen-alten Fassade.

An der sehenswerten St. Marien-Kirche vorbei gelangen wir zum Alexander-Platz mit dem Fernsehturm, unserem heutigen Ziel, genannt "St. Walter", weil das Sonnenlicht auf den beim "Klassenfeind" eingekauften Edelstahlflächen der Kugel ein Kreuz erscheinen lässt. 

Der Turm hat eine Gesamthöhe von 368 m und ist damit das höchste Gebäude Deutschlands sowie der vierthöchste Fernsehturm Europas. In der Kugel befindet sich in 203 m Höhe das Telecafé, ein Drehrestaurant für 200 Gäste. 

Die Fahrstühle erreichen die Aussichtsfläche in der Kugel innerhalb von 40 Sekunden. Unterhalb der Kugel sind zwei nach oben offene Rettungsgalerien rund um den Schaft angebracht und mit dem Treppenhaus verbunden. Sie sind für exakt die Personenzahl ausgelegt, die sich in der Kugel aufhalten dürfen. 

Durch geschicktes Verhandeln erreicht unsere 'Uli mit Hut', dass wir auch ohne die entsprechende Eintrittskarte von der Aussichtsfläche hinauf in das Café und dort an einem freien Tisch für eine Tasse Kaffee Platz nehmen und die Aussicht genießen dürfen. 

Von oben sehen wir das Nikolai-Viertel, noch zu DDR-Zeiten historisierend um die alte Nikolai-Kirche herum neu aufgebaut, und das Rote Rathaus. Der Name ergab sich aus den roten Klinkerfassaden und erhielt später für die Berliner eine doppelte Bedeutung durch die Tatsache, dass dort der Ostberliner Magistrat eine kommunistisch orientierte Regierung ausübte. Heute regiert dort ein rot-rot-grüner Senat unter dem Regierenden Bürgermeister Müller/SPD – erneut viel rote Farbe.

Und wieder haben wir Glück mit dem Wetter: der Horizont ist zwar etwas diesig, aber am Vortag war der gesamte Turm in Regen und Nebel gehüllt, so dass wir garnichts gesehen hätten. 

Und weiter geht die Fahrt zum Mauerpark Bernauer Straße. Die dortigen Häuser standen auf Ostberliner Gebiet, der Bürgersteig davor war in Westberlin. 

Die Sozialministerin Regine Hildebrandt sagte einmal: "Wenn ick aus dem Fenster kieke, denn is mein Kopp im Westen und mein Hintern im Osten." In den ersten Tagen des Mauerbaus sprangen mehrere Menschen aus den Fenstern, manche verfehlten das Sprungtuch. Dann wurden auch die Fenster zugemauert, die Häuser später für den Todesstreifen abgerissen.

Im Mauerpark Bernauer Straße sind nun Gedenktafeln aufgestellt, der Mauerverlauf wird durch Stelen erkennbar und erlebbar. In einem Dokumentationszentrum kann man sich umfassend informieren, auch über die zahlreichen Fluchttunnel-Bauten.

Die Fahrt führt uns vorbei an dem Dorotheenstädtischen Friedhof, auf dessen Grabsteinen ein Who-is-who der geistigen und kulturellen Elite Deutschlands abzulesen ist, z.B. die Philosophen Hegel und Fichte, die Schriftsteller Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Arnold Zweig und Anna Seghers, die Baumeister August Stüler und Karl Friedrich Schinkel, auch Ernst Litfaß und Johannes Rau. Dazu ist eine Führung unbedingt zu empfehlen.

Es folgt ein gigantischer Neubaukomplex, die Zentrale des BND, dem Bundesnachrichtendienst, ausgelegt für 4.000 Beschäftigte und eröffnet im Februar 2019. Es gibt einen Besuchsdienst – es sind interessante Exponate ausgestellt – und auch bereits mehrere Cafés in der Umgebung. Also, demnächst nix wie hin und mitgelauscht!

Über die Friedrichstraße – vorbei am Friedrichstadt-Palast, bekannt für seine üppig ausgestatteten Revuen – und über den Gendarmenmarkt mit dem Schauspielhaus, eingerahmt vom Deutschen und dem Französischen Dom, steuern wir das wohl älteste Gasthaus Berlins an, genannt "Zur letzten Instanz". Es ist ein ur-rumpeliges Restaurant mit origineller Speisekarte und an diesem Tag unwirscher, weil gestresster Bedienung. Da wir nicht essen, sondern nur einen Kaffee trinken wollen, dürfen wir nicht bleiben – aber es ist ohnehin kein Platz frei. 

In der Nähe befindet sich das dazugehörige Gerichtsgebäude, die Parochialkirche und die Ruine der Franziskaner-Kirche. 

Matiyos hat uns zwar am Hotel abgesetzt, aber wir wollen noch einmal zur Gedächtnis-Kirche bzw. zum Alten Turm, dem Hohlen Zahn. Dort kann man die restaurierten Mosaike bewundern, die wie ein Gemälde natürlich die Mitglieder der kaiserlichen Familie darstellen und einen Eindruck vermitteln, wie prunkvoll nach dem Geschmack der damaligen Zeit die Kirche ausgeschmückt war. Auch waren die Kriegszerstörungen dokumentiert.

Wir gehen auch zu den Stufen auf der Seite der Budapester Straße. Dort ist eine Gedenkstätte an die Opfer eingerichtet worden, die bei dem Terrorangriff auf den Weihnachts-Markt 2016 zu beklagen waren. Der Attentäter war mit einem gekaperten LKW an dieser Stelle mitten in die Budengasse gebrettert und hatte eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Seitdem werden Weihnachts-Märkte und Freilicht-Veranstaltungen durch Betonklötze oder querstehende Müllfahrzeuge gesichert. 

Aber da ist ja noch eine andere Idee: das Café Kranzler am Ku'damm! Zwar existiert das Erdgeschoss und die 1. Etage nicht mehr als Café, sondern nur ganz oben die Rotunde, in der früher kleinere Veranstaltungen wie Interviews und Lesungen stattfanden. Aber wir wollen hinein und hinauf.

Ja, es gibt die üblichen Kaffeesorten und auch einige - zugegeben leckere - Kuchenstücke, aber erstens ausschließlich mit Kartenzahlung und zweitens in einer modernen, und somit ungemütlichen Atmosphäre. - Die Jungen mit ihren Laptops kennen es nicht anders, aber wir Älteren und diejenigen, die mal etwas von "Kranzler" gehört oder gelesen hatten, sind enttäuscht. Und wo sollen denn nun die Wilmersdorfer Beamtenwitwen hin? Auch im Opern-Café Unter den Linden können sie kein Hüftgold mehr ansetzen ... Tempi passati ....

Wir lenken uns ab und schlürfen im Hotelzimmer ein Fläschchen "Rotkäppchen"-Sekt mit Helau zur Feier des 11.11. Diese Flasche hatte Alberto als eine seiner tollen Ideen für einen Halt um genau 11 Uhr 11 vorgesehen, aber leider hatte ich die Order, die Gläser mitzubringen, nicht mitbekommen, 'tschuldigung. 

In Berlin ist meine einzige Begegnung mit der diesjährigen Fastnacht eine Frau bei Lidl, die 36 Berliner (hier 'Pfannkuchen'!!!) kauft, aber auf meine Frage nach dem Berliner Narrenruf keine Antwort weiß. Wir aßen die Dinger früher immer am Fastnachts-Dienstag und mit dem Ruf "Heja". Wikipedia schreibt jedoch den Berlinern ein "Heijo" zu, zusammengesetzt aus Heiterkeit und Jokus. Na gut, wenn es der Wahrheitsfindung dient ....

Das letzte Abendessen schmeckt zwar genauso gut wie das erste, ist aber doch von Wehmut umweht. 

5. Tag:

Um 9:30 fuhren wir los, über die AVUS, vorbei am Berliner Bären, und lustig schnatternd Richtung Heimat. Die einzuhaltende Mittagspause passt genau zu Waltershausen mit der guten Thüringer Rostbratwurst. Wir müssen wieder eine Flasche Rotkäppchen leeren um das Gruppenfoto nachzuholen, das wir auf der Hinfahrt vergessen hatten. Die Bemerkung "nach der Flasche werden die hinten sicher ruhig sein" schiebt Alberto zwar dem Fahrer Matiyos in die Schuhe, jedoch so recht glauben können wir es nicht, gell Alberto? Klappt ja auch nicht – aber unsere beiden Herren im Cockpit ertragen unser Geschnatter mit Gelassenheit.

Trotzdem heißt es Abschied nehmen – bis zum nächsten Mal! 

Allgemeine Meinung: Sehr, sehr schön war's. 

Dank an Alberto für seine gute Planung mit vielen schönen Ideen, 

Dank an unseren umsichtigen Fahrer Matiyos, 

Dank an "Uli mit Hut" und - 

Dank an alle Mitreisenden.


von Rosemarie & Renate 18 Mai, 2022
Aachen, Brügge, Antwerpen, Gent, Brüssel, Gruppenreise
von Rosemarie 23 März, 2022
Endlich konnte die schon zweimal verschobene Reise zur Kamelienblüte stattfinden. 2020 und 2021 durften wir wegen der Pandemie im Frühling nicht reisen; jetzt ist es trotz hoher Inzidenzen wieder möglich. Alle Mitfahrenden sind dreimal geimpft, das Risiko einer schweren Erkrankung nur noch gering. Und so fahren 23 Mitglieder der Regionalgruppen Mainz und Frankfurt-City vom 10.- 13. März 2022 mit Trendreisen24 ins schöne Sachsenland. 1. Tag - 10. März 2022 In aller Herrgottsfrühe starten wir in Mainz. Unser bewährter Busfahrer Heiko holt die ersten von uns auf die Minute pünktlich am Mühldreieck ab. Nachdem wir am Mainzer und Wiesbadener Bahnhof weitere Mitglieder abgeholt haben, sind wir pünktlich in Frankfurt, wo noch 10 Mitglieder der Regionalgruppe Frankfurt-City zusteigen. Zügig geht es über die Autobahn. Bei der ersten Pause um 8.15 Uhr genießen wir den von Heiko spendierten Kaffee zu Zitronen-Muffins und Brownies von Renate/Schmiermaxe und Elke/Sunny. Die Gesprächsthemen gehen uns nicht aus. Viel zu lange haben wir uns nicht gesehen. So vergeht die Fahrt wie im Flug, zumal uns Elke/Sunny beim „Werbeblock“ Interessantes zu den Reisen von und mit Alberto erzählt. Um 11.20 Uhr steht die große Pause bei Gera an. Wir stehen in Grüppchen zusammen in der Sonne und haben uns viel zu erzählen. Als wir gegen 12.40 Uhr die Ländergrenze zu Sachsen passieren, trägt uns Renate/Schmiermaxe ein Gedicht in waschechtem Sächsisch vor und erklärt uns die Besonderheiten der sächsischen Sprache. Die Fahrt verläuft zügig; mir fällt auf, dass wir so gut wie keine anderen Reisebusse sehen. Bereits um 13.40 Uhr verlassen wir bei Dresden die Autobahn in Richtung Pirna. Hinter Pirna beginnt das Erzgebirge und je mehr wir uns Altenberg nähern, um so mehr Schnee sehen wir. Sogar die Schlepplifte an den schneebedeckten Hängen sind noch stellenweise in Betrieb. Um 14.30 Uhr sind wir am Ahorn-Waldhotel in Schellerhau, einem Ortsteil des Luftkurortes Altenberg. Wir waren bereits im Dezember 2018 hier gewesen bei unserer Adventsfahrt, die uns nach Dresden, Seiffen und Freiberg geführt hatte. Alberto Grilletta von Trendreisen24, der im Auto angereist war, begrüßt uns im Bus und wir erhalten die Umschläge mit den Zimmernachweisen und Schlüsselkarten. Während Alberto uns im Café des Hotels Erklärungen zum Reiseprogramm erteilt und Fragen beantwortet, werden unsere Koffer zur Rezeption gebracht, so dass wir anschließend zügig unsere Zimmer beziehen können und Freizeit bis zum Abendessen um 19 Uhr haben. Einige nutzen die Zeit zu einem ersten Spaziergang rund ums Hotel und Drink in der Bar. 2. Tag - 11. März 2022 Nach dem Frühstück verabschieden wir Alberto und lernen unseren Reiseleiter für die nächsten zwei Tage, Frank Vogel, kennen. Auf dem Weg ins Elbtal fahren wir durch das romantische Müglitztal mit der seit 1890 fahrenden Müglitztalbahn. Herr Vogel erzählt uns Interessantes über den Erz- und Zinnabbau, macht uns auf die Häuser mit den Holzschindeln aufmerksam und immer wieder berichtet er über das Hochwasser 2002, das auch in dieser Gegend und im Müglitztal schreckliche Schäden angerichtet hat. Sachsen hat daraufhin viel in den Hochwasserschutz investiert und wir staunen über die riesigen Hochwasserdämme und Rückhaltebecken. Wie schnell aus einem munter dahin plätschernden Bächlein ein reißender Strom werden kann, konnten wir damals alle im Fernsehen mitverfolgen und haben es erst im vergangenen Jahr durch die schlimmen Bilder im Ahrtal erlebt. Schließlich erreichen wir das Elbtal. Kurz vor Dresden-Pillnitz beginnt die ca. 60 km lange Sächsische Weinstraße, die rechts der Elbe von Pirna bis zum Elbweindorf Diesbar-Seußlitz, nordwestlich von Meißen führt. In dem kleinsten von 13 deutschen Weinregionen werden auf ca. 520 ha etwa 62 Sorten angebaut, darunter Müller-Thurgau, Riesling, Gewürztraminer, Weiß- und Grauburgunder und auf 19 % der Rebfläche Rotweine. Um 10 Uhr sind wir am Schloss Pillnitz, das aus drei Gebäude besteht. An der Elbe befindet sich das Wasserpalais, gegenüber am Hang das Bergpalais und an der Ostseite das neue Palais. Dazwischen liegt der barocke Lustgarten und der Schlosspark. 1335 wird Schloss Pillnitz zum ersten Mal erwähnt. Erbaut wurde es durch Kurfürst Friedrich August, besser bekannt unter dem Namen August der Starke. 1706 überließ er es seiner Mätresse Gräfin von Cosel, die von 1713 bis 1715 auch hier wohnte, bevor sie in Ungnade fiel und August der Starke wieder den Besitz übernahm. Wir spazieren durch den schönen barocken Garten. Unser Ziel ist die über 230 Jahre alte und etwa 8,90 m hohe Pillnitzer Kamelie. Sie kam in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts an den Dresdner Hof. 1801 wurde sie an dem Platz ausgepflanzt, an dem sie heute noch steht. Anfangs wurde sie im Winter mit Stroh und Bastmatten abgedeckt, später stand sie im Winter geschützt in Holzhäusern. 1992 erhielt die Kamelie ein Schutzhaus, das in der warmen Jahreszeit zur Seite gefahren wird. Durch einen Klimacomputer wird Temperatur, Belüftung, Luftfeuchte und Beschattung geregelt. Das Haus ist 13,2 m hoch und wiegt 54 Tonnen. Von Mitte Oktober bis Mitte Mai verbringt die Kamelie bei einer Temperatur von 4 – 6° C hier die Wintermonate. In der warmen Jahreszeit wird das Haus neben die Kamelie gerollt, so dass die Pflanze frei im Park steht. Mittlerweile hat die Kamelie eine Höhe von 8,90 m, einen Durchmesser von 11 m und einen Umfang von über 33 m erreicht. Sie blüht von Februar bis April mit über 35.000 Blüten, die ungefüllt sind, kaminrot und nicht duften. In dem Glashaus kann man auf Treppen bis fast nach oben gehen und die Kamelie von allen Seiten bewundern. Die Kamelie gehört zur Familie der Teebaumgewächse. Aus der Pflanze kann Teeöl hergestellt werden, das beruhigend, entspannend und blutdrucksenkend sein soll. Aus den duftenden Sorten werden Parfüms und Cremes kreiert. Nach einem kurzen Besuch im Palmenhaus fahren wir um 11.30 Uhr weiter nach Pirna, das wir nach kurzer Zeit erreichen. Der Bus parkt am Elbufer und wir gelangen durch die Bahnunterführung direkt in die Altstadt. Pirna ist über 785 Jahre alt. Die historische Altstadt mit ihren schön verzierten Bürgerhäusern zeugt von der einst blühenden Handelsstadt. Pirna wurde im 2. Weltkrieg kaum zerstört. Deshalb sind viele Baudenkmäler erhalten geblieben; schöne Hausfassaden, Arkadenhöfe, Erker und Sitznischenportale aus Sandstein. Herr Vogel führt uns zum Marktplatz. Das Rathaus in der Mitte des Marktes stammt aus dem Jahr 1386. Durch zahlreiche Brände wurde das Haus im Stil der Renaissance barock umgebaut. Die Erweiterung erfolgte im Stil der Neorenaissance. Zusammen mit der Marienkirche aus der Mitte des 16. Jhs. und dem auf dem Berg gelegenen Schloss Sonnenstein bietet es den berühmten Canalettoblick. Der venezianische Vedutenmaler (ital. Veduta „Blick“, „Ansicht“) Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, wurde 1747 mit 25 Jahren von König August III nach Dresden gerufen, um dort zum Hofmaler ernannt zu werden. Von 1753 – 1755 fertigte er in Pirna elf Ansichten der Stadt. Das bekannteste Gemälde ist das Panoramabild „Der Marktplatz zu Pirna“ Eine Kopie des Bildes hängt im „Canalettohaus“ aus dem Jahr 1520 in dem die Touristinformation untergebracht ist. Das lasse ich mir nicht entgehen und fotografiere es dort. Bei dem kleinen Rundgang durch die Stadt kommen wir auch am Geburtshaus des Ablasshändlers Johannes Tetzel vorbei, dessen Name man mit Martin Luther in Verbindung bringt. Zurück am Marktplatz haben wir Zeit bis 14.15 Uhr um alleine durch die Stadt zu streifen oder für ein kurzes Mittagessen. Einige von uns entscheiden sich, am oberen Ende des Marktplatzes in das Peter-Ulrich-Haus einzukehren. Es beherbergt das Tom Pauls Theater und Ilses Kaffeestube. Auf der Visitenkarte steht geschrieben: „Ilse Bähnert bittet alle, die echten sächsischen Kaffee genießen wollen, zum „Dässl Heeßen“ – mit „Ilses Melange“, Eierschecke, Bäbenkuchen und dem obligatorischen Eierlikör.“ Das können wir uns nicht entgehen lassen. Wer keinen Kaffee und Eierschecke mag, wählt eine schmackhafte Sojanka; ich entscheide mich für die Fettbemme mit Spreewaldgurke und trinke dazu ein dunkles Ur-Krostitzer mit dem Schwedenkopf. Herr Vogel hatte uns im Bus davon berichtet. Das Markenzeichen der Biere aus Krostitz – der Schwedenkopf – geht auf eine Begebenheit während des verheerenden Dreißigjährigen Krieges aus dem Jahre 1631 zurück. Erzählt wird, dass der schwedische König Gustav II. Adolf in Richtung Leipzig unterwegs war. In Crostitz bekam der König vom Braumeister ein Bier, das ihm so gut schmeckte, dass er den Ort nicht zerstörte. Seitdem ist das königliche Konterfei das Markenzeichen des Krostitzer Bieres. Es hat jedenfalls auch mir als Nicht-Biertrinker hervorragend geschmeckt. Gut gestärkt fahren wir weiter zum Landschloss Zuschendorf, das auf eine im 11. Jahrhundert entstandene Burg bzw. ein sich daraus entwickelndes Rittergut zurückgeht. In den sanierten Anlagen und Gärten befindet sich heute eine bedeutende botanische Sammlung mit Hortensien, Bonsai, Efeu, Kamelien und einer Obstorangerie. Die Zuschendorfer Azalee ist heute neben der Sammlung im Rhododendron-Park Bremen die größte Sammlung in Europa. Sie steht zusammen mit der Zuschendorfer Kameliensammlung von rund 100 Sorten unter Denkmalschutz. Die Pflanzensammlungen gehen auf die Züchtungen der Gärtnerfamilie Seidel zurück, die seit dem 18. Jahrhundert den sächsischen Gartenbau weltbekannt machte. Die zahlreichen Züchtungen erfolgten in der Seidelschen Gärtnerei. (Quelle: Wikipedia.de) Im Rahmen einer Führung können wir die Kamelienblütenschau im Schloss bewundern und bestaunen. Etwa 1000 Blüten in einigen hundert Sorten werden von verschiedenen Orangerien, Botanischen Gärten, Gartenbaubetrieben und privaten Sammlungen präsentiert. Ich kann die schönen Blüten gar nicht beschreiben, aber die Bilder hier und im Album sprechen für sich. Die Blüten halten sich etwa eine Woche und werden dann ausgetauscht. Bis gegen 16.15 Uhr haben wir Zeit, noch durch den Park und die Gewächshäuser zu bummeln oder uns auf die Bänke in den herrlichen Sonnenschein zu setzen. Zurück geht es wieder durch das schöne Müglitztal, vorbei an Schloss Weesenstein mit einem sehenswerten Schlosspark. In Glashütte erzählt uns Frank Vogel viel Interessantes über die berühmten Uhrenmanufakturen, die seit 1845 einen hervorragenden Ruf in der ganzen Welt besitzen. Selbst während der DDR-Zeit gab es eine große Nachfrage nach Glashütter Qualitätsuhren, von denen ein großer Teil exportiert wurde. Auch ein Besuch im Deutschen Uhrenmuseum würde sich sicher lohnen ….“wenn ihr wieder kommt (diesen Satz hören wir in den zwei Tagen sehr oft von Frank Vogel !) Es gibt aber auch soviel zu sehen und zu entdecken. Zum Glück bleiben uns ja noch zwei Tage. 3. Tag - 12. März 2022 Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir über den Erzgebirgskamm nach Tschechien. In Sachsen steigt die Straße langsam an, nach der Grenze fällt das Gebirge steil nach Böhmen ab. Herr Vogel erklärt uns, dass in dieser Region des Osterzgebirges, sowohl in Sachsen, als auch in Tschechien eines der größten Lithiumvorkommen Europas liegt, über 100.000 to. Lithium wird u.a. für die Batterieproduktion für Elektroautos gebraucht, kommt aber auch in den Akkus von Smartphones und Laptops zum Einsatz. Allein mit dem Vorkommen im Erzgebirge könnten über 20 Mio. Elektrofahrzeuge ausgestattet werden. Der Bergbau, insbesondere Zinn und Wolfram, war bis 1990 eine der Haupterwerbsquellen in der Region. Nun könnte der Bergbau neu belebt und Arbeitsplätze geschaffen werden. Deutschland könnte dadurch auch unabhängiger vom Weltmarkt werden. 2025 soll der Abbau wieder beginnen. Schon bald erreichen wir hinter der Grenze den höchsten Punkt des Kammes und fahren hinab nach Böhmen. Vor uns liegt das Böhmische Mittelgebirge mit dem höchsten Berg, der 836 m hohen Milešovka – auch der Große Donnersberg genannt. Wir fahren durch die alte Bergmannsstadt Krupka und an der Abzweigung nach Teplice vorbei, das zu den berühmten Böhmischen Kaiserbädern gehört. Es ist nicht so bekannt wie Karlsbad, Franzensbad oder Marienbad, wurde aber vom europäischen Hochadel und Künstlern geschätzt. 1812 weilte Beethoven in Teplice zur Kur und traf sich mit Johann Wolfgang von Goethe. Bei Libouchec sehen wir die ersten Sandsteinfelsformationen, die Königswalder Wände. Bald danach überqueren wir wieder die Grenze und fahren an der Elbe flussabwärts nach Bad Schandau , das wir gegen 11 Uhr erreichen. Der Ortskern liegt an den steil aufragenden Sandsteinfelsen des rechten Elbufers und ragt in das enge Tal der Kirnitzsch. 1920 wurde der Stadt der amtliche Titel „Bad“ verliehen, 1936 wurde sie zum „Kneippkurort“ ernannt. Bad Schandau war von den Elbhochwasserereignissen der Jahre 1845, 2002, 2006 und 2013 schwer betroffen. Das können wir an den vielen Hochwassermarken im Ort und in der Kirche ablesen. Wir spazieren durch den Ort zum Marktplatz mit dem „Sendig“-Brunnen, benannt nach dem Hotelier Rudolf Sendig, einem Förderer des Kurbetriebs. Am Ende des Marktplatzes steht die St. Johanniskirche mit einem wertvollen Altar aus der Renaissancezeit, der ursprünglich für die Dresdner Kreuzkirche geschaffen wurde. Nach dem Elbhochwasser 2002, bei dem das Wasser 3,40 m hoch bis knapp unter die Empore stand, wurden die Holzbänke durch Stühle ersetzt, so dass das Mobiliar 2006 und 2013 rechtzeitig entfernt werden konnte. Durch den Kurpark gelangen wir zur Haltestelle der .Kirnitzschtalbahn Die Straßenbahn verkehrt seit 1898 in dem engen Kirnitzschtal zwischen Bad Schandau und dem Lichtenhainer Wasserfall und dient vor allem touristischen Zwecken. Die Fahrt ist ein Erlebnis; die Bahn rumpelt und wackelt gewaltig; zum Glück kommen wir aber ohne Entgleisung unbeschadet an der Endhaltestelle an. Das war wohl nicht immer so, wie man bei Wikipedia lesen kann ! Etwa 20 Minuten dauert die Fahrt und wir gehen das kurze Stück zum Lichtenhainer Wasserfall. Er ist leider – wie ich gelesen habe – seit dem Starkregenereignis am 17. Juli 2021 so schwer beschädigt, dass er praktisch nicht mehr existiert. Aber für ein Bild reicht es trotzdem. Wir werden von unserem Busfahrer auf dem Parkplatz wieder in Empfang genommen und fahren weiter durch den Sächsischen Nationalpark zur Bastei. Unterwegs sehen wir in die tiefen Schluchten des Polenztals. Herr Vogel unterhält uns auf der Fahrt nicht nur mit seinen interessanten Geschichten und Anekdoten, sondern auch mit dem Lied der „Sächsischen Loreley“, das die in Sachsen und darüber hinaus unvergessene Lene Voig t gedichtet hat. Jch weeß nich, mir isses so gomisch Un ärchendwas macht mich verschtimmt. S'is meechlich, das is anadomisch, Wie das ähmd beim Mäuschen oft gimmt. De Älwe, die bläddschert so friedlich, Ä Fischgahn gommt aus dr Tschechei. Drin sitzt 'ne Familche gemiedlich, Nu sinse schon an dr Bastei. Un ohm uffn Bärche, nu gugge, Da gämmt sich ä Freilein ihrn Zobb. Se schtriecheltn glatt hibbsch mit Schbugge, Dann schtäcktsn als Gauz uffn Gobb. Dr Vader da unten im Gahne Glotzt nuff bei das Weib gans entzickt. De Mudder meent draurich: "Ich ahne, Die macht unsern Babbah verrickt." Nu fängt die da ohm uffn Fälsen Zu sing ooch noch an ä Gubbleh. Dr Vader im Gahn dud sich wälsen Vor Lachen un jodelt: ,,Juchheh !" ,,Bis schtille", schreit ängstlich Ottilche. Schon gibbelt gans forchtbar dr Gahn, Un blätzlich versinkt de Familche . . . Nee, Freilein, was hamse gedan!" Quelle: Voigt, Lene: Säk'sche Balladen. Leipzig vor 1936 Die Bastei ist die bekannteste Felsformation der Sächsischen Schweiz. Das Felsriff fällt 194 m tief zur Elbe ab. Von den zahlreichen Aussichtspunkten bieten sich atemberaubende Aussichten an. Im Süden ist links vom Königstein der Pfaffenstein zu erkennen, dahinter die bewaldeten Kammlinien des Erzgebirges; im Südosten sieht man den Großen Winterberg; im Osten ragt das Felslabyrinth der Schrammsteine auf; im Nordosten erhebt sich der Valtenberg aus dem Lausitzer Bergland. Einige steigen zur Basteibrücke hinab. Sie wurde 1851 gebaut, hat eine Länge von 76,50 m und überspannt mit 7 Bögen eine 40 m tiefe Schlucht. Stärken können wir uns im Panaromarestaurant, das vorne auf dem Basteifelsen steht. Durch die großen Panoramafenster bietet sich ebenfalls ein schöner Ausblick in das Elbtal. Um 16 Uhr treten wir die Rückfahrt ins Hotel an. Herr Vogel will uns noch die Festung Königstein zeigen, eine der größten Bergfestungen Europas. Er lässt Heiko bis auf das Plateau unterhalb der Burg fahren. Für eine Besichtigung der Burg reicht leider die Zeit nicht. Vielleicht, wenn wir wiederkommen !! Zurück fahren wir – vorbei an den Orten Cotta A und Cotta B durch das Tal der Weißeritz. Weißeritz ist sorbisch und bedeutet „schnelles, wildes Wasser“. Zusammen mit den Quellflüssen „Weiße Weißeritz“ und „Rote Weißeritz“ ist der Nebenfluß der Elbe 61 km lang. Während des Hochwasser 2002 richtete die Weißeritz an Häusern, Straßen und Bahnanlagen große Schäden an. Zur Vorbeugung späterer Hochwasserschäden wurden anschließend etliche Brücken erneuert und verbreitert, der Flussquerschnitt vergrößert und mit Überschwemmungsflächen ausgestattet. Bei der Talsperre Malter wird seitdem der Stauspiegel um mehrere Meter abgesenkt, um einen größeren Hochwasserschutzraum zu schaffen. Erbaut wurde die Talsperre bereits von 1908 bis 1913. Nach dem Abendessen sitzen wir alle gemeinsam in der Bar und haben viel Spaß miteinander. 4. Tag - 13. März 2022 Schon heißt es wieder Koffer packen. Nach dem Frühstück – am Sonntag mit einem Glas Sekt – ist die Abfahrt für 9.30 Uhr angesetzt. Auf schnellstem Weg geht es zur Autobahn. Wir sind gut gelaunt: Alberto hat für alle einen Piccolo spendiert. Vor Gera haben wir die erste kurze Pause. Das ist gut, denn hinter Gera ist die Autobahn für etliche Kilometer gesperrt und wir müssen einen Umweg über die Bundesstraße nehmen. Ab Erfurt wählt Heiko einen anderen Rückweg. Wir fahren über die A 71 durch den Thüringer Wald und die Rhön. Bei Oberhof durchquert der Rennsteigtunnel den Kamm des Thüringer Waldes. Mit 7.916 m ist der 2003 fertiggestellte zweiröhrige Straßentunnel der längste Tunnel Deutschlands und der viertlängste in Europa. Vorbei an Suhl erreichen wir Meiningen. Unser Busfahrer Heiko wohnt in der Nähe und er bietet uns eine Stadtrundfahrt mit allerlei Sehenswürdigkeiten, über die nicht nur er, sondern auch das Frankfurter Mitglied Isolde / Motsche54 im Bus informiert. Wir erfahren nicht nur allerlei Wissenswertes zu Meiningen, sondern auch zu Suhl und Schmalkalden. Meiningen’s Altstadt besitzt einen denkmalgeschützten Stadtkern aus dem Mittelalter mit einer doppelten Stadtmauer und einem Wassergrabensystem. Der Marktplatz wird von Gründerzeithäusern umrahmt. Dominierend ist die Stadtkirche „Unserer lieben Frauen“. Auch das weltberühmte Meininger Theater hat eine lange, traditionsreiche Geschichte. Bevor wir weiterfahren, legen wir noch eine längere Pause an einer Grillstation ein und genießen in der Sonne die leckere „echte Südthüringer Bratwurst“. Ein Super-Tipp von Heiko, der uns vorab angekündigt hatte. Vorbei an Fladungen, der nördlichsten Stadt Unterfrankens (Bayerns) und Bischofsheim in der Rhön gelangen wir wieder auf die Autobahn. Zügig geht es weiter bis Frankfurt, wo wir gegen 18.30 Uhr die Frankfurter Mitglieder verabschieden. Nachdem wir auch die beiden Mitglieder in Wiesbaden haben aussteigen lassen, fahren wir weiter zum Mainzer Hauptbahnhof und sind kurz vor 20 Uhr am Mühldreieck, wo die letzten den Bus verlassen. Mein Fazit: Wir haben in dieser kurzen Zeit auch dank Herrn Vogel viel erfahren und gesehen; es lohnt sich, auch ein drittes Mal die recht lange Fahrt zu unternehmen. Auch eine Reise ins südliche Thüringen wäre reizvoll. Leider kam im vergangenen Jahr die Adventsreise, die uns auch nach Meiningen geführt hätte, wegen Corona nicht zustande. Vielleicht können wir sie in diesem Jahr nachholen. Mein Dank geht an Alberto für die wieder vorzügliche Planung der Reise und an Frank Vogel für die hervorragende Reiseleitung. Wir hatten noch nie so einen Gästeführer mit einem derart umfangreichen Wissen, gepaart mit viel Witz und Erzählkunst. Ein herzliches Dankeschön auch unserem bewährten Busfahrer Heiko, der uns sicher ans Ziel und wieder nach Hause brachte und in Thüringen auch noch ein toller Gästeführer war. Und nicht zuletzt ein Danke an alle, die mitgefahren sind. Es war schön, wieder mit Euch zu erzählen und zu lachen. Wir freuen uns auf die nächste Reise, die uns bereits Ende April nach Flandern führen wird und bei der viele von Euch wieder mit dabei sind. Einen besonderen Dank sage ich allen Fotografen, die mir ihre Bilder zur Verfügung gestellt haben. Was wäre mein Bericht ohne die schönen Aufnahmen, von denen nur einige im Bericht Platz finden konnten.
von Renate 16 Jan., 2022
"Silva nigra" – "Schwarzer Wald" – nannten die Römer das unwegsame Gelände, von dichten Wäldern bedeckt und von wilden Tieren bewohnt, aber spärlich besiedelt.80 % Tannen und Fichten bilden dunkle Wälder und erklären den Namen. Entstanden und gestaltet vor Millionen von Jahren durch Eiszeit, Endmoränen und Gesteinserhebungen ist es mit fast 1500 m das höchste deutsche Mittelgebirge (aus Planet Wissen). Es gäbe noch viel Wissenswertes über die Veränderungen in den letzten Jahrhunderten zu erfahren, aber dazu sind wir nicht hier. Wir wollen den Schwarzwald mit allen Sinnen genießen: die Landschaft fürs Auge, den Duft der Wiesen und Wälder für die Nase, die kulinarischen Spezialitäten für den Geschmack, den Dialekt für die Ohren sowie die Kultur - und nicht zuletzt die Reisegesellschaft - für die Seele. Dazu bestens geeignet erweist sich das dörflich geprägte Oberharmersbach, idyllisch gelegen im weitläufigen Tal des Harmersbaches im mittleren Schwarzwald, im Ortenaukreis. Von hier aus werden wir die sorgfältig von Alberto Grilletta ausgesuchten Glanzlichter dieses Landstrichs erkunden. Meine Freundin Magdalena und ich sind sehr gespannt. Angekommen im Haupthaus der "Bären Hotels" werden wir von Alberto Grilletta mit einem ortsüblichen Selbstgebrannten begrüßt. Er erläutert das wieder hervorragend ausgetüftelte Programm der nächsten Tage. Alle sind davon angetan und werden teilnehmen. Das Hotel ist ein sehr gut geführtes Haus mit einer ausgezeichneten Küche und sehr freundlichem Personal (die von mir übermittelten Probleme werden umgehend gelöst). Ein Biergarten - idyllisch gelegen unterhalb der sehenswerten Kirche – lädt zu geselligen Runden ein. Das Wetter ist zwar herbstlich wechselhaft geprägt: Sonnenbrille vs. Regenschirm, aber einmal gelingt es uns doch dort zu sitzen. Am ersten Ausflugstag fahren wir durch eine offene Landschaft mit Wein- und Obstanbau zu einem der schönsten Orte des Nordschwarzwalds, nach Sassbachwalden. Hier, wo sich die Westflanke des Schwarzwalds vom Rheingraben zum mit über 1100 m höchsten Berg des Nordschwarzwaldes, der Hornisgrinde, erhebt, gedeihen hervorragene Weine, von Sonne und Klima verwöhnt. Zahlreiche Weinstuben in reichverzierten Fachwerkhäusern der Winzer – weithin bekannt ist der "Alde Gott" – laden die Touristen zum Einkehren ein. Vorher sollte man unbedingt die grandiose Aussicht über den Rhein hinweg bis ins Elsass genießen. Unterhalb der Hornisgrinde gelangen wir zum "Mummelsee", einem eiszeitlichen Karsee mit immerhin 18 m Tiefe, dunkel und unergründlich. Der Sage nach sollen dort in der Tiefe Nixen – die Mümmlein – wohnen, nachts emporsteigen und mit Musik die Menschen der umliegenden Dörfer bezaubern. Angeregt von der Legende verfasste Eduard Möricke das Gedicht "Die Geister am Mummelsee". Wahrscheinlicher ist jedoch die Herkunft des Namens von den weißen Seerosen – von den Einheimischen Mummeln genannt -, die früher zahlreich im See wuchsen. Beim jetzigen ph-Wert unter 5 finden sich keine Seerosen und auch keine Fische mehr im See. Dafür sind rund um das "Berghotel Mummelsee" Touristen zu Hauf anzutreffen, die mit Schwarzwälder Kirschtorte, Vesper und Andenken versorgt werden. Auch wir machen Gebrauch davon, bevor es über die Schwarzwald-Hochstraße nach Baden-Baden geht. Baden-Baden: Treffpunkt der Aristokratie und spielsüchtigen Literaten (Dostojewski) bei heißen Quellen und Roulette, in pompösen Hotels und Salons, Kulisse für amouröse und politische Ränkespiele – früher jedenfalls, sehr viel früher. Heute immer noch ein Kurort mit internationalem Flair, Musik-Festspielen und Residenz wohlhabender Pensionäre – ein Ort mit Geschichte und Geschichtchen. Eine wohltuende Idee war, den Durchgangsverkehr in einem Tunnel unter der Stadt hindurch zu führen. So lässt es sich angenehm durch die Straßen und die Parkanlagen flanieren, während wir den Ausführungen der Stadtführererin lauschen. Auf kurvenreicher Bergfahrt gelangen wir vorbei am ehemals nobelsten Hotel Deutschlands, dem "Schlosshotel Bühlerhöhe". An der 1930 erbauten Schwarzwald-Hochstraße gelegen, steht es seit über zehn Jahren leer und wird mit Müh' und Not und großem Investitionsstau am Leben gehalten – Ausgang ungewiss. Die Schwarzwald-Hochstraße dagegen ist eine lebendige Verkehrsader, die von der A 3 kommend für 60 km über Baden-Baden bis in die Nähe von Freudenstadt mit zahlreichen Aussichtspunkten zu touristischen sowie wintersportlichen Zielen führt. Wir streben dem schönsten Ort im Kinzigtal, der ehemals Freien Reichsstadt Gengenbach, entgegen. Viele schöne Fachwerkbauten und malerische Winkel bestimmen das Stadtbild, von der Engelgasse bis hin zum Marktplatz mit dem beachtenswerten Rathaus, dem Giebelhaus Pfaff und dem Haus Löwenberg mit dem Städtischen Museum. Das Rathaus verwandelt im Dezember seine künstlerisch dekorierten Fenster in einen Adventskalender der ganz besonderen Art. Einen Besuch wert ist auch die ehemalige Benediktinerabtei, sie dient heute der Universität Offenburg als Fachhochschule. Die bevorstehende Bundestagswahl wirft ihre Schatten an die Straßenränder, denn wir sehen unzählige Plakate mit dem Konterfei von Wolfgang Schäuble, dessen Wahlkreis und Heimat hier ist. Nach wenigen Kilometern schließt sich der Kreis der heutigen Tagesfahrt im Hotel in Oberharmersbach beim wieder vorzüglichen Abendessen und einem Absacker in der benachbarten Bierstube. Der zweite Tagesausflug führt uns zunächst durch das benachbarte Zell am Harmersbach. Fachwerkhäuser schmücken jeden Ort, auch den Wintersportort Schonach, deren große Schanze bereits von weitem zu sehen ist. Im tief eingekerbten Tal der Gutach liegt Triberg, bekannt durch den höchsten Wasserfall Deutschlands. Die Gutach stürzt über sieben Kaskaden – insgesamt 162 m hoch – zu Tal, sehr beeindruckend. Über St. Märgen – gelegen auf einer aussichtsreichen Hochfläche - gelangen wir nach Furtwangen. Dieses Uhrmacherstädtchen beherbergt eine Fachhochschule für Feinwerk- und Elektrotechnik. Wir jedoch besuchen das Deutsche Uhrenmuseum und staunen über technische Wunderwerke der Uhrenherstellung, einschließlich der zahlreichen und sehr unterschiedlichen Kuckucksuhren. Vor dem Haus haben sich bereits viele Touristen den aussichtsreichsten Platz gesichert und bestaunen schon mal die Ausmaße der größten Kuckucksuhr der Welt (um diesen Titel streiten drei Standorte mit jeweils anderen Kriterien). Diese hier hat jedenfalls die gigantischen Maße von 4,50m x 4,50m, mit einem Gesamtgewicht von 6 t, allein der Kuckuck wiegt 150 kg, und jedes Teil ist einzeln angefertigt. Alles funktioniert, präzise wie das sprichwörtliche Uhrwerk, und pünktlich zur festgesetzten Zeit kommt der Kuckuck aus seinem Türchen und ruft die Stundenzahl – die Touristen zählen eifrig mit. - Im Inneren des Hauses kann man dem Räderwerk mit seinen riesigen Zahnrädern bei seiner Arbeit zusehen. Es ist nicht weit bis zum Titisee, der ebenso wie der Mummelsee als Karsee in der Eiszeit entstanden, heute ein vielbesuchter Touristen-Anziehungspunkt ist. Die Infrastruktur ist entsprechend ausgerichtet. Ruhe und Naturerlebnisse lassen sich jedoch durchaus finden. Wir sind jetzt im Hochschwarzwald mit bekannten Wintersportorten wie Hinterzarten, der Heimat der Langlauflegende Jochen Behle. Der Große Feldberg/Schwarzwald mit fast 1500 m ist in der Nähe. Wir wenden uns wieder gen Norden zum Luftkurort St. Peter und besuchen die barocke Klosterkirche mit ihren sehenswerten Fresken und der nicht minder berühmten Bibliothek im Rokokostil. Heute ist dort das Geistliche Zentrum des Erzbistums Freiburg beherbert. Zum Abschluss wird uns ein sehr profanes Schmankerl geboten: wir fahren durch das Glottertal und sehen, wo die Aufnahmen für die "Schwarzwald-Klinik" entstanden. Ach ja, seufzt es in manchen Busreihen. Das Abendessen ist wieder hervorragend und auch der Absacker gelingt. Es heißt jedoch Abschied nehmen. Ein Wiederkommen wird dringend empfohlen, denn der Schwarzwald hat noch sehr viel mehr an Natur, malerischen Städtchen, einzigartigen Bauten mit großer Geschichte und last, but noch least, herausragender Gastronomie mit Sternen zu bieten. Diese Fahrt hat Appetit gemacht. Unser Lob gilt Alberto Grilletta für die gute Auswahl der Ziele und Organisation, sowie dem Bus-Unternehmen und dem Hotel-Betrieb für die gute Betreuung. Renate, im September 2021
Hamburg, Lübeck, Sylt
von Renate 08 Juli, 2021
Erleben Sie Deutschlands schönste Küsten abseits vom Sommertrubel. Genießen Sie traumhaft schöne Landschaften an Nord- und Ostsee.
Weserbergland
von Rosemarie 09 Nov., 2020
Zauberhaftes Weserbergland Reisen in Corona-Zeiten ist anstrengend – aber machbar. Wir haben es vom 23. - 26. Oktober 2020 gewagt und ein paar unbeschwerte Tage im Weserbergland verbracht. Nachdem seit November und vielleicht noch länger das Reisen und vieles andere verboten ist, freuen wir uns um so mehr darüber. Wer weiß, wann wir uns wieder treffen und verreisen dürfen. Wichtiger als jedes Treffen und jede Reise ist es jedoch, gesund und vom Virus und jeglichen anderen Krankheiten verschont zu bleiben. Alberto von Trendreisen24 hatte für uns wieder ein tolles Programm erstellt und das schöne 4-Sterne Best Western Hotel Ostertor in Bad Salzuflen ausgesucht. Einigen war das Weserbergland nicht unbekannt, aber für jeden von uns war mindestens ein Ziel dabei, das noch nicht bekannt war….oder auch mehrere. Am 23. Oktober fahren wir um 7 Uhr morgens von Mainz aus los. Mit unserem bewährten Busfahrer Heiko, haben wir nach zwei Pausen, um 13 Uhr unser Hotel erreicht. Alberto hatte bereits die Zimmerschlüssel geholt und gab sie uns im Bus, so dass wir sofort mit einem der beiden Fahrstühle in das 2. OG fahren können, wo wir alle unsere komfortabel ausgestatteten Zimmer mit großem Bad und begehbarer Dusche beziehen können. Leider ist uns Petrus nicht hold. Es hat schon während der Fahrt teilweise stark geregnet und auch am Nachmittag kommt der Regenschirm zum Einsatz. Um 14 Uhr fahren wir nach Hameln, wo uns die Gästeführerin Doris, die uns an allen drei Tagen begleitet, erwartet. Mit vielen Anekdötchen und Geschichten führt sie uns 1 ½ Stunde lang durch die Altstadt. Wie einst dem Rattenfänger, so folgen wir ihr auf der Rattenspur (mehr als dreihundert in Bronze gegossene Rattensymbole) vorbei am Rattenfängerhaus und anderen geschichtsträchtigen Gebäuden. Hameln wurde im 9. Jh. erstmals erwähnt und erhielt im 13. Jh. Stadtrecht. Die Stadt war ab 1426 Mitglied der Hanse. Der Ort ist im Zweiten Weltkrieg fast unzerstört geblieben und zeigt deshalb eine Fülle historischer Gebäude. In der Osterstraße stehen zahlreiche Bauten der Weserrenaissance. Fast in jedem Ort in dieser Gegend gibt es eine Osterstraße oder ein Ostertor – vielleicht leitet es sich von dem Wort „Osten = orientalis“ ab. Doris erzählt uns von der Weserrenaissance folgendes: Nach der Reformation setzt sich in der Region der Baustil der Renaissance durch. Zu den unverwechselbaren Elementen der Weserrenaissance gehören der Giebel mit geschwungenen Konturen, die Fächerrosette und die „Utlucht“ (Auslug), ein ebenerdiger, erkerartiger Vorbau. Das Rattenfängerhaus wurde 1602 für einen Hamelner Ratsherren errichtet. Seit 1917 befindet es sich im Besitz der Stadt Hameln. Heute wird dort ein Restaurant betrieben. Das Rattenfängerhaus trägt seit 1900 seinen Namen aufgrund der seitlichen Inschrift, die vom Auszug der Hamelner Kinder im Gefolge des Rattenfängers am 26. Juni 1284 handelt. Der Rattenfängerbrunnen wurde 2001 errichtet. Rattenfängerfiguren und ein Glockenspiel finden sich am Hochzeitshaus. Täglich dreimal dreht der Rattenfänger hier seine Runden. Die Glocken spielen das Rattenfängerlied und das Weserlied. Das Hochzeitshaus ist ein Sandsteinbau und wurde als letztes Gebäude kurz vor Beginn des 30jährigen Kriegs im Weserrenaissance-Stil als Fest- und Feierhaus für die Bürgerschaft errichtet. Der Name Hochzeit (eigentlich: Hoch-Zeit) leitet sich aus „hohe Zeit“ ab, der Zeit des Jahres, in der Feste aller Art gefeiert wurden. Seit den 1950er Jahren ist dort das Standesamt der Stadt Hameln untergebracht. Neben dem Hochzeitshaus steht die Marktkirche St. Nicolai, dessen ältester Teil aus dem 12. Jh. stammt. Eine prachtvolle Fassade der Weserrenaissance ziert das Leisthaus. Es zählt zu den bekanntesten Häusern der Hamelner Altstadt. Zusammen mit dem benachbarten Stiftsherrenhaus beherbergt es das Museum Hameln. Die ausgebaute Utlucht (ein Standerker, im Rheinhessischen würde man „Ausguck“ sagen) wird von einer Figur der Lucretia bekrönt. Das Stiftsherrenhaus wurde 1558 fertiggestellt. Benannt wurde das Gebäude nach seiner bildreichen Fassade. Sie zeigt einen reichen Bilderschmuck mit biblischen Motiven, aber auch antiken Planetengöttern. Die Frontsteine der vorgelagerte Plattform im Eingangsbereich stellen Lucretia („Tugendhaftigkeit“) und Ecclesia („Kirche“) dar. Eine Besonderheit des Stiftsherrenhauses besteht darin, dass es traufseitig zur Straße ausgerichtet ist. Im Erdgeschoss befindet sich seit 1975 das Museumscafé. Das Bürgerhus, ein Eckhaus, wurde 1560 gebaut. Ehemals war es ein Brauhaus, heute gehört es der Stadt Hameln. Es hat zwei Utluchten; eine bauhistorische Besonderheit ist die Eckutlucht. Das Haus ist mit Rosettenmotiven verziert. Die Fenster im zweiten Obergeschoss weissen sog. Vorhangbögen auf. Die Führung endet am Münster St. Bonifatius, eine ehemalige Kloster- und Stiftskirche. Der älteste Teil, die Krypta, reicht bis in das Jahr 812 zurück. Am Münster verabschieden wir uns von Doris Müller bis zum nächsten Tag. Einige gehen noch in die Kirche, eine kleine Gruppe ins Café und die anderen bummeln langsam zum Bus, der uns zurück ins Hotel bringt. Um 18.30 Uhr erwarten uns im Lokal „Hofbräu“, das dem Hotel angegliedert ist, bayerische Spezialitäten. Wir hatten am Morgen im Bus schon unter den drei angegebenen Hauptgerichten wählen können. Dazu gab es eine Vor- und eine Nachspeise. Leider ist das Restaurant am Freitag und Samstagabend rappelvoll – in Corona-Zeiten hätte man auf das Oktoberfest, das an dem Wochenende stattfindet, verzichten müssen. Wir sitzen zwar von den anderen Gästen etwas getrennt, aber alle Tische und die Bar sind besetzt – von Abstand ist dort nichts zu bemerken. Deshalb verzichten die meisten von uns auch auf den Absacker nach dem Essen und suchen relativ zügig die Zimmer auf. Wir sind aber auch müde vom langen Tag und auch am zweiten Tag erwartet uns ein volles Programm. Am Samstag kann der Regenschirm zum Glück im Bus bleiben .... am Mittag scheint sogar die Sonne. Nach dem Frühstück, das wir im großen Frühstücksraum einnehmen – um halb acht sind wir fast die einzigen Gäste – starten wir um 9 Uhr zur Fahrt ins Weserbergland. Vorbei an Vlotho ist unser erstes Ziel die Porta Westfalica und das Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Der Ort unterhalb des Denkmals hat schon bessere Zeiten erlebt. An der Porta Westfalica endet das Weserbergland, und die norddeutsche Tiefebene beginnt. Wir fahren über den Kaiserweg zum Parkplatz und laufen die letzten Meter durch den Wald zum Denkmal. Das Monument aus Porta-Sandstein wurde 1896 fertiggestellt. Seine Höhe beträgt 88 m. Nach dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig ist es damit das zweithöchste Nationaldenkmal in Deutschland. Bilderhauer für die Bronzefigur Wilhelm I. war Caspar von Zumbusch. Das Denkmal wurde von dem Berliner Architekten Bruno Schmitz gebaut, der auch das Kyffhäuserdenkmal, das Denkmal am Deutschen Eck und das Leipziger Völkerschlachtdenkmal gestaltet hat. Vier Jahre dauerte der Bau. Am 18. Oktober 1896 wurde das Denkmal im Beisein von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria mit einer Feier eingeweiht, an der zwischen 15.000 und 20.000 Menschen teilnahmen. Von der Plattform unterhalb des Denkmals bietet sich uns eine weite Aussicht auf die Stadt Porta Westfalica, in das Norddeutsche Tiefland und zum Wesergebirge. Mit dem Lift fahren wir zum Besucherzentrum mit angeschlossenem Panoramarestaurant, das erst 2018 in der umgestalteten Ringterrasse entstanden ist. Hier wird medial die Geschichte des Denkmals und die der Porta Westfalica sehr interessant erzählt. Wir schauen uns im Besucherzentrum kurz einen Film an und spazieren zurück zum Bus. Die Weiterfahrt ist für 10.30 Uhr angesetzt. Die Fahrt geht ins Schaumburger Land nach Bückeburg. Einst wurde hier im kleinen Zwergstaat große Politik gemacht. Die Schaumburger Adelsfamilie, deren Stammbaum bis ins Jahr 1110 zurückzuverfolgen ist, gründete zahlreiche Städte, wie Lübeck, Kiel und Hamburg. Eine der Linien ist das von 1609 – 1918 existierende Fürstentum Schaumburg-Lippe mit den Stadtgründungen Bückeburg, Rinteln, Stadthagen, Hessisch Oldendorf. Mit der Abdankung Kaiser Wilhelms II. im Jahr 1918 verzichtete der letzte Fürst Adolf II. auf den Thron. Die Schaumburger behielten aber ihre Besitztümer, nunmehr als Privatpersonen. Seit 2003 ist Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe Chef des Hauses. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor Schaumburg-Lippe seine Eigenständigkeit und gehört seitdem zu dem neu gegründeten Land Niedersachsen. Wir gehen vom Busparkplatz wenige Meter zum Schloß. Die Führung beginnt erst um 12 Uhr. Bis dahin haben wir noch Zeit, uns den Marstall anzuschauen. In der Fürstlichen Hofreitschule mit den 400 Jahre alten Stallungen leben Hengste barocker Rassen, wie Berber, Lippizaner, Andalusier u.a. Anschließend nehmen wir an der Führung durch das Schloss teil. Die Geschichte des Schlosses begann bereits vor mehr als 700 Jahren. Um 1304 ließ Graf Adolf VI. von Schauenburg (später Schaumburg) und Holstein-Pinneberg eine Wasserburg erbauen. Gut 200 Jahre später hatte sie sich zu einer mit Wällen und Gräben befestigten Anlage entwickelt. Um 1550 gestaltete Graf Otto IV. den Komplex um: Aus der Burg wurde ein Schloss im damals beliebten Stil der Weserrenaissance. Die Führung beginnt in der reich ausgeschmückten Schlosskapelle. Sie ist Teil des historischen Schlossgebäudes und fand im Jahr 1396 erstmals urkundliche Erwähnung. Die evangelisch-reformierte Gemeinde feiert dort ihre Gottesdienste. Die Wandflächen sind vollständig mit biblischen Szenen und mit Ornamentwerk ausgemalt, darunter ein Passionszyklus in den Fensternischen. Der Altar ist ein von zwei Engeln getragener Tisch. Zentral hinter ihm, über einer mit korinthischen Säulen gegliederten Nischenreihe, befindet sich, ihrer reformatorischen Bedeutung entsprechend, die breite, aus Holz geschnitzte und vergoldete Kanzel mit den Reliefs Verkündigung an Maria, Anbetung des Jesuskindes und Kreuzigung Christi. An der gegenüberliegenden Wand ist die ebenfalls reich geschnitzte und vergoldete Fürstenloge, unter ihr ein großformatiges Gemälde Das Jüngste Gericht. Vor den Altarstufen sind unter dem Fußboden die Herzen einiger Angehöriger des Fürstenhauses bestattet; die Körper ruhen im Mausoleum Stadthagen bzw. im Mausoleum Bückeburg. (Quelle: Wikipedia.de) Im Mittelpunkt der Führung steht der Festsaal und der Goldene Saal in Rot und Gold, mit Intarsienschmuck und der „Götterpforte“ als Höhepunkt. Da wir im Schloss nicht fotografieren dürfen, empfehle ich die Webseite für Bilder und weitere Informationen – klicke hier Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe gewährte dem NDR einen Blick in die Privatgemächer. Den 5-Minuten Film gibt es bis Ende Januar 2021 hier zu sehen Nach der Führung haben wir eine bzw. zwei Stunden Zeit für eine Mittagsrast in Bückeburg. Wir schlendern die Lange Straße entlang. Einige kehren in einem Café ein, andere im historischen Restaurant „Zur Falle“, in dem bereits Heinrich Heine und Hermann Löns gerne eingekehrt sind. Diejenigen, die mit der Gästeführerin durch den Park zum Mausoleum gehen wollen, treffen sich um 14 Uhr vor dem Schloß. Das Mausoleum wurde 1911 – 1915 in der Regierungszeit von Fürst Adolf im neoromanischen Stil errichtet. Es ist das größte Mausoleum dieser Art in Europa mit einer riesigen Goldmosaikkuppel. Die Baukosten betrugen über eine Million Goldmark. 18 Familienmitglieder des Hauses Schaumburg-Lippe, Prinzen und Prinzessinnen wurden seither in der Gruft beigesetzt, weitere 8 im Urnenfriedhof außerhalb des Mausoleums. Wir fahren weiter nach Rinteln. Um 1230 wurde der Ort durch die Schaumburger Grafen gegründet. Von 1619 – 1810 war Rinteln Universitätsstadt. St. Jakobi war zuerst Kirche eines Benediktinernonnenklosters; die Abteigebäude dienten später der Universität. Die Altstadt beherbergt zahlreiche Fachwerkbauten und einige Adels- und Burgmannenhöfe aus dem 16./17. Jh. Am Markt steht das im Stil der Weserrenaissance erbaute Alte Rathaus, daneben St. Nikolai aus dem 13./14. Jh. Wir gehen ein Stück durch den Park, der ein Teil der 1807 geschleiften Festungsanlagen ist. Die Sonne ist uns an diesem Nachmittag hold; der Park leuchtet golden. Winterzeit am Sonntag. Wir können eine Stunde länger schlafen. Um 9 Uhr fahren wir ein Stück auf der Märchenstraße, die Deutschland auf 600 km von Bremen nach Hanau durchquert. Die Brüder Grimm sammelten viele ihrer Märchen an Weser, Werra und Fulda, u.a. in Hann. München (Dr. Eisenbart), Sababurg (Dornröschen), Trendelburg (Rapunzel), Höxter (Hänsel und Gretel), Wahlsburg (Das tapfere Schneiderlein), Polle (Aschenputtel), Bodenwerder (Münchhausen). Unterwegs erklärt unsere Gästeführerin Doris Müller den Unterschied zwischen Lipper und Niedersachsen. Während im Lipperland Fürsten und Industrie den Ton angaben, sind es in Niedersachen, das schon immer Agrarland war, die freien Bauern. Unser erstes Ziel an diesem Tag ist Bad Pyrmont. Im 18. und 19. Jh. weilten hier Persönlichkeiten und die Schönen. Wer etwas auf sich hielt, kurte in Pyrmont. Goethe und Königin Luise von Preußen, deren Denkmal in der Wandelhalle steht, stiegen im fürstlichen Badelogierhaus ab, heute Hotel „Fürstenhof“. Das niedersächsische Staatsbad besitzt einen der größten Kurparks Europas mit barocken Alleen, Palmengarten und Bergkurpark, zu dem man Eintritt zahlen muß. Wir fahren zur Festung Pyrmont mit dem Barockschloss aus dem 16 Jh. Die Wallanlagen sind von einem breiten Wassergraben umgeben. Der Zugang erfolgt über eine Brücke durch einen langen unterirdischen Gang in den von Bastionen umgebenen Innenhof. Ein Rundweg führt auf den Wällen der Anlage entlang, den wir bei Sonnenschein sehr genießen. Immer wieder bleiben wir stehen und werfen einen Blick auf Kurpark und Palmengarten. Das Schloss dient heute als Stadtmuseum. Anschließend fahren wir zum Schloss Hämelschenburg, das nicht nur in einer zauberhaften Landschaft liegt, sondern sich auch selbst wie ein verwunschenes Schloss aus alter Zeit präsentiert. Unsere kompetente Gästeführerin Doris Müller führt uns selbst durch das Schloss mit wertvollen alten Möbeln, Gemälden, Kachelöfen, Porzellan, Glas- und Waffensammlung. Durch den Garten erreichen wir wieder unseren Bus und fahren zur Mittagspause nach Bodenwerder, der „Münchhausenstadt“. Die Stadt wurde um 1200 auf einer Weserinsel angelegt. Bekanntester Sohn der Stadt war der 1720 in Bodenwerder geborene und 1797 dort gestorbene Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen. Bekannt wurde er als "Lügenbaron". Doch bevor wir mehr von ihm erfahren, stärken wir uns bei einer Mittagspause im Café, nahe des Münchhausen-Brunnens. Mittlerweile hat es auch angefangen zu regnen. Eine Stunde später treffen wir wieder unsere Gästeführerin Doris Müller, die uns am Brunnen einige der sagenhaften Geschichten des Hieronymus von Münchhausen zu Gehör bringt. Der junge Mann nahm als Rittmeister an Feldzügen des Zarenreichs gegen die Türken teil und lernte dadurch einen Kulturkreis kennen, der in der „alten Welt“ exotisch und geheimnisvoll erschien. Er war ein begnadeter Geschichten-Erzähler, mit denen er seine Zuhörer fesseln konnte. Seine Geschichten wurden anonym gedruckt und erlangten so Bekanntheit. Münchhausen war darüber nicht erfreut, tat jedoch nichts, um die Verbreitung zu verhindern. Ein „Lügenbaron“ war er jedoch nicht, eher ein fantasievoller Erzähler. rafen, ohne die mein Bericht nur halb so schön wäre! Die wohl bekannte ist diese: „Münchhausen reitet auf einer Kanonenkugel über eine belagerte Stadt, inspiziert die feindlichen Stellungen und steigt kurzerhand auf eine in die Gegenrichtung fliegende Kugel um“ ….. oder auch: „Münchhausen bindet sein Pferd in einer Winternacht an einen – wie er glaubt – Pfahl an, der aber in Wirklichkeit die Spitze des Wetterhahns eines Kirchturms ist. Nach einer Schneeschmelze baumelt das Pferd am Kirchturm. Da schießt Münchhausen mit seiner Pistole den Halfterriemen durch, so dass das Pferd herunterfällt und er seine Reise fortsetzen kann.“ Bodenwerder ist – vor allem bei Sonnenschein – eine hübsche kleine Stadt mit einer schönen Einkaufsstraße. Sehenswert sind die schönen Fachwerkhäuser, die Kirche St. Nicolai, und das Geburts- und Sterbehaus des Barons Münchhausen, in dem heute das Rathaus und das Münchhausenmuseum untergebracht ist. Hier entsteht auch das Gruppenfoto, das leider durch Regen, Schirme und Masken "getrübt" ist. Über eine Anhöhe mit schönen Ausblicken ins Wesertal fahren wir vorbei an Burg Polle (Polle ist für das Märchen Aschenputtel bekannt) zu Schloss Corvey. Corvey war ein bedeutendes karolingisches Kloster, das um 822 von Benediktinern gegründet wurde. Es verfügte über eine der wertvollsten Bibliotheken des Landes, und zahlreiche Bischöfe gingen aus der Abtei hervor. Die Abtei entwickelte sich im 9. und 10. Jahrhundert zu einem kulturellen, geistigen und wirtschaftlichen Zentrum im Gebiet der Sachsen. Nach einer Phase der Krise wurde Corvey im 11. Jahrhundert zu einem Reformkloster. 1803 wurde es säkularisiert, die Abtei und das Bistum aufgelöst und dem Bistum Paderborn eingegliedert. Die Kirche bleibt weiterhin Pfarrkirche für die Kirchengemeinde Corvey. 2014 wird das karolingische Westwerk der Abteikirche und die Ruinen der 1265 zerstörten Civitas Corvey durch die UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Die 844 geweihte karolingische Kirche wurde 1665 abgebrochen und durch ein barockes Langhaus ersetzt. Erhalten blieb lediglich das Westwerk mit Säulen und Kapitellen in der Vorhalle. Leider können wir von der Barockgotik nicht viel sehen; das Innere ist fast vollständig derzeit eine Baustelle, so dass wir uns nicht lange dort aufhalten und durch die kleine Kapelle zum Friedhof gehen. Er dient bis heute der kleinen Gemeinde als Begräbnisstätte. Hier befindet sich das Grab des Dichters Heinrich Hoffmann von Fallersleben, dem Dichter des Deutschlandliedes und seiner Frau Ida Hoffmann. Hoffmann von Fallersleben war von 1860 bis zu seinem Tod Bibliothekar in Corvey. Wir hören andächtig zu, als unsere Gästeführerin Doris Müller das Gedicht „Wie könnt’ ich dein vergessen“ rezitiert. Wie könnt' ich dein vergessen! Ich weiß, was du mir bist, Wenn auch die Welt ihr Liebstes Und Bestes bald vergißt. Ich sing' es hell und ruf' es laut: Mein Vaterland ist meine Braut! Wie könnt' ich dein vergessen! Ich weiß, was du mir bist. Über Höxter fahren wir zurück ins Hotel. Zum Abschied schenkt uns Frau Müller noch das Originalrezept vom Lippischen Pickert, das dem Lemgoer Nicolaikantor Jobst Hermann Koch zugeschrieben wird. Mit einem Gedicht von Mascha Kaleko verabschiedet sich Doris Müller von uns. Aber wer weiß, vielleicht sehen wir sie wieder, denn wir konnten nur einen kleinen Teil dieser schönen Gegend kennenlernen. Viel gäbe es noch zu entdecken: Den Teutoburger Wald mit dem Hermannsdenkmal und den Externsteinen, Schloss Brake bei Lemgo oder Schloss Neuhaus bei Paderborn, die Fachwerkstadt Schwalenberg, und - und - und. Ein Wiederkommen lohnt sich, dann aber im Sommer und in Nach-Corona-Zeiten. Ein herzliches Dankeschön an Alberto für die gute Betreuung, an Heiko, unseren zuverlässigen Busfahrer, an Frau Müller für die kompetente Begleitung, an alle, die mitgefahren sind und an die Fotog
von Rosemarie 08 Aug., 2020
Eigentlich sollte uns die Reise im Juli mit Trendreisen24 nach Italien führen, aber statt dessen fuhren wir Coronabedingt nach Norden, nach Logabirum, einem Stadtteil von Leer. Hauptsache, wieder etwas gemeinsam unternehmen nach dieser langen Zeit der Abstinenz. Da war es uns auch egal, dass wir Masken im Bus, im Hotel, auf dem Schiff oder sonst wo tragen mussten, dass alles ein bisschen anders war als in normalen Zeiten – die Vorfreude war einfach zu groß.
Benvenuti in Calabria
von Rosemarie E. 17 Nov., 2019
Eine erlebnisreiche Reise in einer schönen, vom Tourismus noch kaum entdeckten Region. Ausgearbeitet von Trendreisen24
von Rosemarie E. 29 Sept., 2019
Prag – an Titel und Beinamen fehlt es nicht. „Das Goldene Prag“, „Die Stadt der 100 Türme“, „Hauptstadt im Herzen Europas“ „Königin der Städte“, „Perle an der Moldau“, „Mütterchen Prag“ ….und viele mehr.
von Rosemarie 14 Juli, 2019
Gardasee, Iseosee, Verona, Mantova, Treno dei Sapori
von Rosemarie 14 Juli, 2019
Erzgebirge, Dresden, Advent, Seiffen
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